Donnerstag, Juli 31, 2008

Ökorebell



Zu wenig Umwelt schadet unsrer Erde
und darum schrieb ich ein Protestgedicht.
Zur Rettung des Planeten diese Zeilen,
viel mehr zu bieten habe ich ihm nicht.

Ich bleib ab jetzt nur noch in meinem Zimmer,
bei Kerzenlicht schreib ich mit Federkiel.
Es grünt in mir so manches sehr natürlich,
zur Erdenrettung braucht es gar nicht viel.

Ab jetzt trag ich im Winter drei Pullover,
zwei Hosen und acht Socken, auf dem Kopf
vier Pudelmützen, wichtig ist Gesinnung.
Nur manchmal frier ich feste auf dem Topf.

Das Leid des Umfelds schlägt auf die Gemüte,
ich hab für meinen Globus noch ein Herz.
Seid auch dafür, den Frevel zu verbieten,
das Essen, Trinken, jeglichen Kommerz.

Mittwoch, Juli 30, 2008

Im Werk (Fortsetzung von: Im Fort)



13.07.2026
Es ist schön hier im Sommer, Königskerzen blühen, Nachtkerzen, der Dost duftet, unten am Sumpf schwirren Libellen, hüpfen Frösche zwischen Blutwurz, Sumpfdotterblumen und Schilf. Amseln füttern ihre zweite Brut, es ist warm, heute früh fiel ein Landregen. Von meinem Lieblingsplatz habe ich freie Sicht auf Brombeerhecken, die reichen Ertrag versprechen, die eingestürzte, von Knöterich und wildem Wein überwucherte Gießhalle und den ehemaligen Werksbahnhof, dessen Schotterflächen von Steinbrech, Flechten und Moosen überwuchert werden. Die Geleise sind lange schon abmontiert und eingeschmolzen, nur die Bohlen widerstehen noch ihrer Verrottung.
Gestern Nacht habe ich dieses Notizbuch gefunden, in einer verlassenen Laube ganz in der Nähe. Eigentlich war ich auf der Suche nach vernünftigem Werkzeug, die Bodenbeschaffenheit ruiniert jeden Spaten und jede Grabgabel und für meine Hanfpflanzen brauche ich eher tiefgründigen, feinen Boden, um eine nennenswerte Ernte zu erzielen. Jedenfalls lag dies Büchlein dort, kaum beschädigt von Wind und Wetter und nur die ersten zwei Seiten beschrieben, in einer unleserlichen Handschrift. Spontan habe ich beschlossen, ab jetzt ein Tagebuch zu führen, damit mich die Erinnerung nicht trügt in späteren Jahren.
Es ist erstaunlich, wie leicht Verzicht fällt, ich wohne hier schon über ein Jahr und habe noch nie elektrisches Licht, fließendes Wasser oder Zentralheizung vermisst. Fernseher und Radio sind ohnehin nur Zeitverschwendung, auf allen Kanälen das gleiche in verschiedener Verpackung. Essen findet sich im Überfluss, so dass ich ausreichend Vorräte habe für den Winter, Wasser sammelt sich in den Kellern der Gebäude, Holz und Kohlen liegen überall herum.
Gleich nach dem Frühstück habe ich den Anhänger beladen, um Bauer Maas zu beliefern. Er hat einen Hof nicht weit von hier, abseits von der Hauptstrasse und nur auf Feldwegen zu erreichen. Ich tausche mit ihm, Marihuana und Heilpflanzen gegen Kartoffeln, Salz und Speck. Manchmal helfe ich auch bei der Ernte oder stehe nachts Wache auf den Feldern. Er ist ein ernster Mann weniger Worte und liebt es, abends Pfeife rauchend vor seinem Haus zu sitzen. Seine Frau ist vor zwei Jahren gestorben und von seinem nach Australien ausgewanderten Sohn hat er nie wieder gehört, wahrscheinlich ist er in einem der zahlreichen Aufstände umgekommen. Jetzt bewirtschaftet er den Hof mit Hilfe von John und Cathy, Flüchtlingen aus London.
Wir verbrachten den Tag damit, das östliche Kartoffelfeld abzuernten und ich machte mich bei einbrechender Dämmerung auf den Weg zurück. Da der Anhänger schwer beladen war, beschloss ich, ein Stück über die Hauptstrasse zu fahren, auch wenn dies nicht ganz ungefährlich ist. Man hört immer wieder davon, dass Menschen aufgegriffen werden von der Bürgerpolizei, um in eine der überall eingerichteten gesicherten Heimstätten verbracht zu werden. Seit vor drei Jahren die NSGPE die Wahlen gewonnen hat, die neue soziale Gerechtigkeitspartei unter ihrem ersten Bürger Kevin Yilmaz, wird es zunehmend schwerer, außerhalb der Norm zu leben. In den mit Mauern und Stacheldraht gesicherten Heimstätten ist alles bis in kleinste geregelt, es gibt Arbeit für jeden, Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Ein verlockendes Angebot, dem immer mehr zustimmen.
Als ich auf Höhe des Altersheims St Barbara war, musste ich absteigen und schieben, da die Straße übersät war mit Trümmern. Neugierig stellte ich mein Rad in den Schutz einer Hecke und begab mich auf den Weg zum Hauptgebäude, das offenbar völlig ausgebrannt war. Als ich an der Kapelle vorbeikam, hörte ich ein leises Stöhnen. Ich betrat den dunklen Raum und sah undeutlich einige Körper, die verrenkt um den Altar herum lagen. Aus der hintersten Ecke ertönte schwaches Atmen, vorsichtig tastete ich mich dorthin und fand einen alten Mann mit blutüberströmtem Kopf. Mit einiger Mühe gelang es mir, ihn aus der Kapelle zu tragen. Bedauernd warf ich die Kartoffeln in die Hecke und lud den Mann in den Anhänger. So langsam und vorsichtig wie möglich fuhr ich zurück ins Werk. Dort angekommen, reinigte ich seine Wunden, verband sie mit zerrissenen Laken und flößte dem älteren Herrn einen Tee aus Dost, Salbei und Mohn ein. Nun schläft er, auf einem weichen Lager aus Laub. Hoffentlich gelingt es mir, ihn wieder zu Kräften zu bringen, Medizin ist auf dem freien Markt fast nicht mehr zu bekommen und ich bin nicht bei der staatlichen Gesundheitsfürsorge versichert.
Es ist schön, einen anderen Menschen in der Nähe zu haben. Morgen will ich ihm eine Suppe aus Kaninchenfleisch bereiten. Ich muss auch noch eine Mütze nähen, mit Aluminiumfolie gefüttert, damit seine Gedankenstrahlen nicht messbar sind. Aber nun wird geschlafen.

Montag, Juli 28, 2008

Voll leer




Es ist spät in der Nacht
meine Augen sind sehr schwer.
Hab gedacht an dich
und das, letzte Flasche ist fast leer.

Jetzt noch eine Zigarette
zur Entspannung und zum Trost.
Hätte ich doch nur, ach was,
egal, noch ein Schlückchen, prost.

Lecker schmeckt die letzte Kippe,
wenn sie brennt. Was ist denn nun?
Bloß Gerippe in der Schachtel,
muss sie das denn immer tun?

Diese abgefeimte Hexe
nie schmeißt sie die Hölzchen fort.
Früh um sechse ohne Feuer!
Ich hau ab, darauf mein Wort.

Ab Bruch



Ein Schleier hatte sich gehoben, ihm bot sich ein neuer Anblick dar, eine Sicht auf ein etwas, das wohl immer schon dagewesen, aber bis jetzt verhüllt geblieben war. An den Rändern der Wahrnehmung hatte es immer leicht geflimmert, aber nie hatte er genauer hingesehen, immer zu beschäftigt mit den alltäglichen Abläufen, abgelenkt von den Handlungen anderer. Zum ersten Mal seit langer Zeit war er allein, keine Pflichten waren zu erfüllen, keine Termine, die ihn bedrängten. Er hatte es sich gemütlich gemacht auf dem Sofa, die Augen geschlossen und den Blick nach innen gerichtet, ließ alles zu, jeden Gedanken, jede Regung und hielt nichts fest. Die Bilder zogen an ihm vorbei, er war sein eigener Regisseur und sein Publikum.
Gestern hatte er beim Aufräumen eine Tablette gefunden, aus seiner wilden Vergangenheit, verborgen in einem Messingdöschen, bestimmt schon zwanzig Jahre alt. Er hatte nach einem alten Photo gesucht, wollte sich vor den Spiegel stellen und sein Gesicht vergleichen, sehen, ob er sich verändert hätte. Und nun rumorte diese Pille in ihm und er konnte sich erinnern, wie er sie damals gekauft hatte und dann doch nicht genommen, weil er nicht mehr immer durch die selben Türen hatte gehen wollen, nicht mehr die immer gleichen, unwahrscheinlichen und scheinbar so bedeutsamen Entdeckungen hatte machen wollte, die sich im doch Nachhinein als belanglos herausstellten. Vielleicht, hatte er gedacht, sollte ich der Suche eine zweite Chance geben, bestimmt kommt diesmal, mit dem Abstand und der Erfahrung der Jahre versehen, etwas verwertbares heraus, eine Klarheit, die weiter trägt. So saß er und schaute seine inneren Bilder, stellte sich Gefühlsstürmen, trotzte Trauer, lachte über seine Albernheit, manchmal unterbrach er sich selber, fragte sich, ob wohl diese oder jene Richtung zielführend sein könne und beschimpfte sich wieder, weil er nicht loslassen konnte, immer bemüht, die Kontrolle zu behalten.
War das schon immer so gewesen, war er immer schon das Arschloch, als das er sich jetzt empfand, Verräter an der eigenen Sache, auf dem falschen Dampfer unterwegs in den sicheren Untergang? Er spaltete sich innerlich auf, ein ganzes Rudel von Identitäten, die sich gegenseitig bekämpften und beschimpften, die Grundsatzdiskussionen führten und einander das Leben zur Hölle machten, einem lodernden Inferno, in das jetzt alle verschwanden, um auf der anderen Seite auf einem Eisfeld zu landen, erfroren. So lange hatte er nach sich gesucht, und nun, da er meinte, sich gefunden zu haben, war er ein unerträgliches Ekelpaket, ein Idiot, ein Widerling, nichtswürdig. Er beschloß, ab jetzt alles anders zu machen, die Reise nicht mehr abzubrechen und weiter zu suchen, bis er etwas fand, das ihm Halt geben könnte, Bestätigung.
Am nächsten Tag gab seine Frau eine Vermißtenanzeige auf.

Pfefferland



Dort hinten, weit dahinter,
prügeln sich Bekloppte
um Sachen. Die gehen uns
seit hunderten von Jahren
nichts mehr an.
Denn als Geschenk
weiht die Geburtsfee
Windeln uns
mit Freiheit
voll.

Betanzt



Das Leben ist so wunderbar,
die Mädchen süß, die Jungen knackig,
alle Träume werden wahr
- manche tanzen sogar nackig -
nächtens in der Rumbabar.

Als wir uns sahen, war gleich klar,
mit uns, das wird ein Vorspiel haben.
Wir standen bald vor dem Altar,
es folgten Haus und Töchter, Knaben,
den Nächten in der Rumbabar.

Nun sind wir, mit grauem Haar,
nur zu zweit, doch sehr agil.
Tun, als wären wir kein Paar,
spielen neu das alte Spiel.
Nächte in der Rumbabar.

Sonntag, Juli 27, 2008

Autobahnkirche



Guter Gott, ich hab es eilig,
preise deinen Namen. Heilig
bist du und ich fromm,
wenn ich um den Stau rum komm.

Kritikformular 1




Ein lyrisches ich, ein lyrisches du,
vielleicht auch das Fehlen derselben
und denkt man sich noch den Leser dazu
oder vielmehr, dass die Frage doch sein muß
erlaubt, ob dergleichen nicht immer schon war
und dazu wiederholt sich das e in den Strophen
doch wahr ist, dass sowas so oft schon geschrieben
wurde, dass sich das Publikum fragt, ob nicht am Ende
der Anfang zu viel ist in Zeile zwanzig wird das recht klar.
Die Metapher mag nett sein, allerdings weiß der Leser, wenn
er sich auskennt mit griechischen Mythen, dass dieses Bild vor
zweitausend Jahren recht gebräuchlich war auf Suppentüten.
So ist mir persönlich zuwenig Person zu sehr involviert, da
erstens nichts und zweitens passiert zu viel etwas stimmt
nicht im Gebrauch der Artikel, du siehst, Verwendung
einiger Partikel geben nicht immer mehr Inhalt her.
Zu Geruch, Geschmack und Farbe des Textes,
kommt, wenn ich Zeit habe, sicher mehr.
Eins zum Schluß: es ist nicht wichtig,
ob Reim oder keiner, ich mag
dein Gedicht nicht.

Fremdwert



Tage zerfließen in hitziger Nacht,
kein Plan vom Scheitern hält davon ab,
Worten die Sprache zu zerschlagen.
Aus den Händen geatmet,
von Sinnen gefallen die Melodie,
so sind wir durch Lieder gekippt
auf Jagd nach dem Schatz der Zeiten.

In uns ein Schmerz, der nicht verjährt,
von der Seele getrunken, verschanzt
in Gräbern aus Gelegenheit, Blicke auf Wache,
wund gerieben am Salz dienen wir
als Maden dem Speck.
Die Mauern erstehen,
wenn wir das Schweigen verbieten.

Freitag, Juli 25, 2008

Durchgängige Gleichstellungsorientierung



Das ist mal wieder einer von den Tagen,
der Sauger und die Spülmaschine gehn nicht an.
Die Kleine hat wie immer Grippe oder Magen,
der Hund keucht schwer. Soll ich ihn etwa tragen?
Schnell noch den Abfall raus zur Tonne bringen. Dann

folgt windeln, bügeln, etwas Feines zubereiten,
was, ist egal, es schmeckt doch keinem, sowieso
sind Tempotücher in der Wäsche Grund zum streiten.
Soll Sie den Haushalt machen, scheiß auf neue Zeiten.
Ich will nur noch hier weg, zurück in mein Büro.

Sonntag, Juli 20, 2008

Ohgottogott



Gäb es nur einen, lögen die andern,
gäb es sie alle, so löge der Eine.
Gäbe es keinen, dann löge ein jeder.
Ach, käme der Himmel mit sich ins Reine.

Samstag, Juli 19, 2008

auf grund



der abgrund rast durch alle instanzen
vor jeder wand eine welt von einbahnstraßen
aus fragerei meinungslos willkommen
im paradies wie viel glück das versagen
der anderen und im theater
vor brennendem publikum
wird ein stück abgeführt
auf befehl fahnen ohne ausdruck
findet in fremder luft ein satzgebrauch
pro wort um zwanzig prozent reduziert
knochen zur abendlichen verwertung

Fossil




Runter auf die tiefsten Sohlen
- das war duster vor der Hacke -
fuhr Karl-Heinz zum Kohle holen,
hat sich krumm gemacht für Schlacke.

Doch auf Schalke, Wochenende,
war er froh mit Bier im Glase,
Antritt, Halbzeit, Pfiff und Ende,
blaugeadelt weiße Nase.

Alltags gab es Kohlgenüsse,
mit viel Kümmel wegen Blähung.
Kohlpechrabenschwarze Küsse
halfen gegen jede Schmähung.

Stolz warn er und sein Kollege,
darauf, dass sie etwas schufen.
Schicht im Schacht, es gab Belege,
dass zu mehr sie wärn berufen.

Runter auf die tiefsten Sohlen
- ist das duster vor der Hacke -
fährt Li-Peng zum Kohlen holen,
billiger ist seine Schlacke.

Echte Pose



Einer liegt in der Grube,
nicht wert, von Hunden getreten zu werden,
durch Schweine in den Schmutz getrieben,
aus welchem er sich zu dem Affen gemacht hat,
der sie verachtet.
Berauscht an vergorenem Wolfsgeheul,
hart lacht er in die Düsternis
seine endlichen Worte. Sollen solche ihn richten,
die auf seine Nacktheit herabschauen,
mit der er ihre Borsten versengt.
Er beißt in jenes Gras, das unter ihren Hufen
nicht mehr wachsen will, gerne.

Förmchenbande (by Kirmesbollo & ruelfig)




Im Schatten mächtiger Kastanien
liegt ein Spielplatz in friedlicher Ruh.
Mütter sprechen vom Urlaub in Spanien,
den Säuglingen fallen die Äugelein zu.

derweil wird im sandkasten munter geprügelt
ein schlag in die fresse ein tritt in die eier
was glotzt du so spasti du pisser bewichster
multipel behinderter hurensohn
ein heulender mund mit der faust zugebügelt
schnauze du affe mit deinem geseier
verpiss dich du fotze du billige schlampe
verfickte nuttige imitation

Dann

wird sich vertragen und geschnupft,
in eilig gereichte Papiertaschentücher,
Schmutz wird aus den Gesichtchen getupft,
und Omas öffnen bebilderte Bücher.

Sonntag, Juli 13, 2008

Ausbaden



Von Tönen gestreichelt wie von Sinnen gestürzt in einen Strudel heranströmender und verebbender Eindrücke aus den verschiedensten Düften mit Erinnerung an eine Zeit, deren Rolle noch unbedeutend ist. Getrieben durch gemischte Farben auf eine Leinwand entsteht sanfte Beschaffenheit von Empfindung, die im Entstehen vergeht zu einer anderen Ansicht der eigenen Oberfläche. Unterschwellig schweben ungesteuert von Willkür getriebene Denkmuster in einen zerfallenden Zusammenhang, Geschmacksknospen blühen ins Unbeschriebene.
Gemalter Film in steter Veränderung des gleichen Zustands aus genommener Substanz, geöffnet die Poren, der Wahrnehmung ein Denkmal angesetzt.

Verzehren, sich



Ein Licht scheint längst nicht mehr
aus allen eingestürzten Himmeln,
den Kopf verstopft ein ungesagtes Wort.
Doch falte deine Schwingen auf
und falle in die Sterne.

Aus Engelsasche bleibst du noch
voll Schönheit, wenn du schnell vergehst.
Vom Hauch der Zeiger fort geführt,
verstehst du das, was dich berührt
und du fällst gerne.

Freitag, Juli 11, 2008

Aus Dauer



Unter der Brücke lagen sie,
küssten sich, liebten sich lange.
Voll von Verlangen, grenzenlos,
sie legten ihre Grenzen bloß
und sie begehrten einander.

Dann stand er auf, er pflückte ihr
auf sumpfigen Wiesen Blumen.
Sträuße aus Mädesüß für sie,
zu süßer Amselmelodie,
und sie bekehrten einander.

Im Zwielicht unter der Brücke,
hoch oben sangen die Laster,
zerschlugen sie ihr letztes Glas,
im Abendrot benetztes Gras.
Und sie verzehrten einander.

Letztmahlig



Die Geier sind heute zum Festmahl geladen,
der Tisch ist bereitet, modern dekoriert.
Hors d'oeuvre Karkasse in blutiger Sauce
an schwieliger Hornhaut, mit Knorpel verziert.

Dazu ein Champagner aus ganz tiefer Sohle,
mit perligem Seufzer: der Teufel uns hole.

Dann folgen Kadaver, ganz taufrisch verschieden,
aus den verschiedensten Abgangsregionen.
In schweißiger Brüh' a la mode mariniert,
gefüllt mit Verzweiflung in großen Portionen.

Dazu wird kredenzt im Barriqueausbau
vergorene Sorge getretener Sau.

Ein Mousse folgt aus Tränen, mit Kummer bestreut,
in geöffneten Schädeln, mit Trauer gesüßt,
flambiert in den heißesten Flammen der Hölle:
kein Gast ist, der solches Dessert nicht begrüßt.

Dazu fließt, um festlich das Dinner zu krönen,
ein lieblicher Tropfen aus Spätlesestöhnen.

Besoffen beginnen die Geier zu reihern,
und einige krächzen heisere Weisen,
während sie torkelnd zum Nest heimwärts flattern.
Gleich morgen gedenken sie wieder zu speisen.

Donnerstag, Juli 03, 2008

Mittwoch, Juli 02, 2008

Krummer Vogel



Ein Papagei mit schwarz gefärbten Federn
sitzt Flügelstummel schlagend auf der Stange.
Er kommt von ihr nicht los. Es schaukeln sich
hinauf zu Höhenzügen die Gedanken,
bis er sich selber nicht mehr folgen kann;
und dann vermeint er, adlergleich zu sein,
verplappert bunte Blasen aus dem Fenster,
droht jedermann Parolenhülsen an,
die er zwar nicht erstellt, doch memoriert.
Das Publikum genießt das heiter, schlendert
Bierchen schlürfend weiter, während noch
Gekrächze in den Ohren gellt. - So denkt es:
Ein Schnabel macht noch lange keinen Helden.