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Dienstag, September 18, 2007
Jobsuche
Am nächsten Tag war der Vorstellungstermin. Ein erstes Interview nur, aber mir war klar, dass ich nicht ankommen würde. Mein leicht zur Rebellion neigendes Naturell ließ es nicht zu, in Bewerbungsgesprächen kühl und gelassen zu bleiben. Ich brauchte eine andere Persönlichkeit. So meldete ich mich beim größten Typesharing-Netzwerk an, bei Ishare. Die übersichtlich aufgebaute Seite ließ sich intuitiv bedienen und nach kurzer Zeit wurde ich fündig. Der Anbieter Oku wollte gerne für einen Tag aufsässig und unberechenbar sein und bot dafür sein anpassungsfähiges, vernünftiges und organisiertes Wesen. Mit Hilfe der revolutionären Software "swapI" tauschten wir unsere Persönlichkeiten und verabredeten uns für den nächsten Abend zum Rücktausch.
Das Bewerbungsgespräch verlief, aus meiner Sicht, hervorragend. Ich begrüßte den Personalchef mit einer tiefen Verbeugung, rückte seinen Stuhl zurecht, fragte, ob ich ihm etwas zu trinken bringen könne und putzte ihm dabei die Schuhe. Dass ich mich als überglücklich bezeichnete, als unwürdiger Sohn unwürdiger Eltern von ihm empfangen zu werden, schien ihn nervös zu machen. Ich verzichtete im folgenden Gespräch auf tarifliche Bezahlung, jeglichen Urlaub sowie Versicherung und gelobte, alles zu tun, um der Firma zu dienen. Aber selbst mein Angebot, achtzehn Stunden am Tag zu arbeiten, ließ seine immer offensichtlicher werdende Abneigung nur noch wachsen. Als ich mich schließlich winselnd zu seinen Füssen wand, schafften mich seine Angestellten hinaus.
Ich konnte nicht anders als ihn zu bewundern, seine Größe und Kompetenz lauthals zu loben und mich selber in den dunkelsten Farben zu malen. Unsanft auf die Strasse befördert, wurde mir langsam klar, dass ich den Job als Hausmeister nicht bekommen würde.
Zuhause angekommen, loggte ich mich bei Ishare ein, um den Tausch rückgängig zu machen. Irgendwie war mir unwohl, und dieses Gefühl steigerte sich, als ich den User Oku nicht mehr finden konnte. Er hatte sein Konto gelöscht. Devote e-Mails an die Administration blieben unbeantwortet, die Verbraucherschutzzentrale erklärte sich für unzuständig.
Da sitze ich jetzt also mit einer sanften, bis ins Demütigende reichenden, anpassungsfähigen und gehorsamen Persönlichkeit. Ich bin auf eine billige chinesische Charakterkopie hereingefallen.
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