Donnerstag, Dezember 27, 2012

Totensang





Der alte Jimbo Morrison hätte heute eine Glatze
und Hendrix einen dicken Bauch.
Frau Janis Joplin - das verbietet uns die Höflichkeit
und Rio Reiser wäre auch

zahnlos. Bob Marley mit Plattfuß,
Frank Zappa arthritisch,
und Freddie Mercury ginge am Stock.
Die Falten von Bolan und Garcia wären kritisch.

Das haben die gewiß nicht gewollt
und sich von daher recht früh schon getrollt.

Dienstag, Dezember 18, 2012

Letzte Einkaufsliste






Oma kriegt zum Weihnachtsfeste
einen Zentner Kukident,
Tante Sophie Großpalette
Taschentücher. Wie die flennt...
Opa schenken wir dies Jahr
ein Toupet aus Echtgoldhaar.

Für die Kleinen kaufen wir
fünfzig Tonnen Mischgemüse,
haltbar bis zum Weltenende
und die platinierteste Kombüse.
Alles Bargeld muss jetzt raus,
Staatsanleihen: Onkel Klaus.

Ab sofort gibt es Barolo
morgens, mittags, abends, nachts,
Wisentgulasch, Endzeitfische.
Party ist am Fuß des Schachts.
Was wir geben, ist nicht viel,
wichtig nur, man gibt mit Stil.

Mittwoch, Dezember 12, 2012

Elektrisiert






Früh am Morgen soll es schellen,
ich soll aus dem Bette schnellen.
Doch das Smartphone weckt nicht mehr -
leider ist der Akku leer.

Ohne Kaffee nüchtern starten,
ungeduscht, Kollegen warten.
E-Mobil staut den Verkehr -
Mist, verdammter, Akku leer.

Renn zurück in die Garage,
rauf aufs Rad, gerat in Rage.
E-Bike tritt sich ziemlich schwer,
ist erst mal der Akku leer.

Mittags, nach der Hühnersuppe
greif ich zur Elektrofluppe.
Weder Kondensat noch Teer!
Wieder ist ein Akku leer.

Windrad soll den Schädel schmücken,
Sonnenfänger für den Rücken -
gerne schriebe ich noch mehr,
doch jetzt ist mein Akku l....

Sonntag, Dezember 02, 2012

Bewerbung






Das gute Gefühl, dass es einem schlecht geht:
man gibt sich zufrieden mit dem, was man nicht hat,
wenn der Lebenslauf ein Spickzettel ist
und die Bücher im Regal sind noch nicht geschrieben.

Mit Mühe eine gescheiterte Existenz aufgebaut,
Verantwortungslosigkeit übernommen
und ein beträchtliches Unvermögen angehäuft:
das erfordert schon eine besondere Unfähigkeit.

Sonntag, November 25, 2012

Anthropozentrismus






Ein Mensch, irgendein Mensch, geht eine Straße entlang, irgendeine. Es ist ein milder Abend, keine Ursache zu hetzen oder zu eilen, vielleicht ein etwas zügiger Schritt, vielleicht hat die Bäckerei um die Ecke keine Biobrötchen mehr, man müsste zur konventionellen Ware greifen, kein großes Problem, nicht wirklich lebensverkürzend wie neulich der Notstand beim Metzger, nach Ausfall der kontrollierten Kühlkette gab es nur noch Dauerwurst und was die mit einem macht weiß jeder, der sich gegen die Macht der Konzerne stemmt. Deren Kreuzzug gegen unsere Körper ist bekannt, schließlich sterben täglich Menschen daran, dass sie Nahrung zu sich genommen haben. Essen tötet, das weiß inzwischen jeder.
Die letzte echte Beziehung, die ich zu einer Pflanze hatte, war die zu einer Agave auf meiner Fensterbank. Zu der Zeit dachte ich uns in einer gleichberechtigten Beziehung, aber heute weiß ich, ich habe dominiert. Ich habe bestimmt, wann es Wasser gab, Dünger oder frische Erde, wann das Fenster geöffnet wurde oder die Jalousie hochgezogen. Ich war ein Sklavenhalter, nicht besser als die Korsaren des Mittelmeers, die arabischen Sklavenjäger, die kaltherzigen holländischen Händler: ich schnitt die Agave, ich beutete sie aus, ich erntete ihren heilenden Saft.
Also befreite ich die Pflanze, pflanzte sie aus, gab ihr alle Möglichkeiten, selbstbestimmt zu blühen und zu wachsen, die Welt mit ihren Nachkommen zu überziehen und sie zu bereichern. Leider überstand sie den ersten Winter nicht, sicher lag es an mir. Ich hätte ihr mit einer Kerzenkette helfen müssen. Dass ich nicht früher darauf kam, liegt sicher daran, dass ich weiß bin, also hellhäutig, also Verursacher sämtlicher vorstellbaren Probleme.
So trat ich neulich aus der Haustür und mir lief eine schwarze Katze von links über den Weg. Halt, stopp, ganz andersrum: ich lief einer schwarzen Katze von rechts übern Weg. Was macht das mit dem Tier? Wie sehr habe ich es gedemütigt, entrechtet und geknechtet allein durch die anscheinende Größe meines Körpers, durch die diskriminierende Diskrepanz des Verhältnisses unserer Körper?
Ich werde hinfort auf allen vieren durch die Gossen schleichen, den Blick gesenkt und allzeit demutsbereit.

Samstag, November 24, 2012

ein eigen lied



ich summ mein lied und du verlinkst das
und einer sucht und findet was noch fehlt
und eine singt das und verlinkt was
und dann wird neu erzählt was
kann wird irgendwie passieren
die farben werden frisch gemischt
am tisch nimm deine karten wieder auf
als fälschung folgt das echte der kopie
oder so

Freitag, November 23, 2012

Im Zweifel blind







Wütend haut Bruder Jakob auf die Trommel:
So billig ist die Wahrheit sonst nirgends zu kriegen!
Mit Mut und eiserner Entschlossenheit tritt er für das Gute, Schöne, Wahre
jenen die Fresse ein, von welchen er zwar keine Ahnung,
zu denen er jedoch schon immer eine Meinung hat.

Laut haut er aufs Trömmelchen, lauter noch haut er und dass das nervt, das nervt ihn nicht.
Denn jeder Jakobiner weiß, er ist ein RE-VO-LU-TIONÄR!
Doch kommt er viel zu früh zu spät:
der Bär ist nackt, er hat vor Angst sein Fell an die Bedürftigen verteilt
und auf dem Jakobsweg gehört die Minderheit der Mehrheit an.

Marschbefehl (Remix)






Pack deinen Bleistift ein und dein Moleskine, Poet,
spring frisch in Stiefel aus Metaphern.
Auf gehts ins Wortfeld zum letzten Gericht.
Schon schreibt der Feind, verschone ihn nicht,
kartätsch ihn mit Kadenzen und Sentenzen.

Zieh deinen Lorbeerkranz tief in die Stirn, Poet,
wenn Versschrapnelle um die Ohren fliegen
und Kameraden aus dem Metrum fallen,
bleib stark. Und denk daran: Du schreibst mit allen
Zeilen Geschichte, nicht bloß Gedichte.

Montag, November 19, 2012

Vom Krankenbett






Eines kann ich gar nicht leiden:
wenn die Viren in mir weiden
und sich die Bakterien
ungehemmt vermehrien.

Da werd ich zum Jäger der Krankheitserreger
und stärk meinen Willen mit Pulver und Pillen.
Natur? Die find ich schön und gut,
solang sie mir nicht schaden tut.

Donnerstag, November 08, 2012

Luxusmädchen


Das Lärvchen, die Maske, der schöne Schein:
was bleibt davon für später?
Schon eilt herbei der authenzitätische Täter
und reißt die Fassade brutalstmöglich ein.

Die Frage der eigenen Eigentlichkeit,
die stellt man gerne den andern.
Man hat gerade zu viel Zeit,
so dass die Gedanken wandern.

So wandern sie hin, durch Ewigkeit
und schätzen sich ein als subtil
und fragen: Warum! Frag! Ich! So viel!
Geschichtlich gesehen ist der Mensch solches leid.


Mittwoch, November 07, 2012

Gestirnt


Ach, wie haben wir so gerne diese Sterne,
die so ferne sind von unserm Sinnen,
nicht ganz dannen, nicht ganz hinnen
und wir können sie bepacken,
sie beschriften und belacken,
können Sternenbilder schaffen,
sie begaffen wie die Affen,
sie beschreibend Stirne runzeln.
Es sind und es bleiben letztendlich nur Funzeln.

Aber schön sind sie irgendwie schon.

Zweizeilige Tiere 15


Salmonellen

Morgen bleibt der Ofen aus,
wir treffen uns im Krankenhaus.

Mittwoch, Oktober 31, 2012

Versuchsanordnung






Wenn man noch mal so richtig feste
von der Seite oder besser noch
von oben dagegen oder drauf tritt,
vielleicht im rechten Winkel
und mit vollem Spann,
so dass es knirscht und knackt,
das müsste doch kaputtzukriegen sein.

Sonntag, Oktober 21, 2012

Fiskalunion






Jeder schnorrt den andern an,
ob der ihm was pumpen kann.
Doch da jetzt die allermeisten
statt zu schaffen Dienste leisten,
ist Europas Himmel blau.
Alt und grau sind Stier und Frau.

Mit dem Wachstum ists vorbei,
qualme, Schornstein in Shanghai.
Jubilieret, Staatstenöre,
brüsseltreue Bankrotteure:
In die Zukunft ziehn wir Schritt für Schritt.
Europa geht Pleite, wir gehen alle mit.

Samstag, Oktober 20, 2012

Occupied

Er geht ans Telefon, bevor es schellt,
hat er die Antwort fertig: Nein!
Ich will noch Glas im Container sortieren,
ich stanze Konfetti aus altem Papier.
Wer tackert wohl die welken Blätter wieder an die Bäume?

Barbaren haben die Anstalt übernommen,
Klüngelpitter prügeln sich um jedes Klümpchen Blech,
dabei sind noch Berge von Plastik zu bündeln
und Essensreste aus Eimern zu kratzen.

Am Abend schaut er alte Filme auf Tapeten
im Flur läuft ein Streifen über
apokalyptische Anfälle
alleine zu Haus.

chen und lein





Dem Veilchen ist naturgegeben,
bescheiden vor sich hinzuleben.
Für sich denkt es, es wäre geil
es wäre groß. Ein Veil.
Noch oberhammergeiler:
es wäre lieber Veiler.
Doch fänd es es am geilsten,
sein Name wär "Am Veilsten".

Da lässt die Natur nicht mit sich handeln,
so muss es weiter als Veilchen wandeln.

Montag, Oktober 15, 2012

ver...


sie ist verhörig geworden mit den jahren
kommt das sagt sie öfter mal was neues
nur nichts gutes sieht sie mehr ist da nicht
irgendwas gewesen hat sie gelesen
bevor danach kam hat sie noch gerochen
am puls mit knotigen fingern die enkel
aus pullis gepult und nach der schule gefragt
zerbrechen  die stimmen im kopf

Samstag, Oktober 06, 2012

Bei Osmans unterm Teppich




Familie Schmitz hat ein Problem. Ein Teil der weitverzweigten Sippe, die Schmitzisten, will zu den Wurzeln zurück und verlangt, dass alle Menschen nach den Regeln des alten Testaments leben sollen. Diese Forderung versuchen die Radikalen durch Mord, Einschüchterung, Unterwanderung und Terror durchzusetzen, Gesprächsangebote lehnen sie rundweg ab. Die Schmitzens sind verzweifelt, alle Welt zeigt mit dem Finger auf sie, der Ruf ist ruiniert. Da liest Mutter Schmitz in ihrer Tageszeitung einen Bericht über den "Tag der offenen Moschee" am 03.10.2012. Dort steht, der gegenwärtige Sprecher des Koordinationsrates der großen islamischen Verbände, Erol Pürlü, wolle "..helfen, das Bild des Islam in der Öffentlichkeit zu verbessern".
Holla, denkt sich der Schmitz'sche Familienrat, die haben doch ähnliche Probleme wie wir und deren Ansatz scheint zielführend. Also wird ein Beratungsgespräch mit dem Dialogbeauftragten des konservativen Verbandes der islamischen Kulturzentren (VIKZ) verabredet.
"Leute", sagt Erol bei Tee und Gebäck, "ihr müsst zunächst klarmachen, dass der Schmitzismus mit Schmitz nix zu tun hat. Die haben das richtige Buch falsch verstanden, daran ist aber die Gesellschaft schuld, weil sie denen nicht genügend Bildung hat zukommen lassen. Erster Punkt ist also Schuldzuweisung und Einfordern von mehr Möglichkeiten.
Zweiter Punkt ist die Korrektur des Blickwinkels: nicht der Schmitz an sich ist verkehrt, sondern seine Darstellung in der Öffentlichkeit. Gut, wenn man die Nachrichten sieht oder hört, tauchen immer wieder Störenfriede auf, die eurer Familie zugeschrieben werden. Ihr müsst das als Schreibfehler zurückweisen und die Überbringer schlechter Neuigkeiten zu deren Urhebern erklären.
Drittens darf nicht jeder Schmitz unter Generalverdacht gestellt werden, jeder ist genau so anders wie die anderen. Wenn ihr das oft genug betont und es schafft, die Erwähnung eures Namens im Zusammenhang mit üblen Geschehnissen zu unterbinden, wird sich die Öffentlichkeit mit euch vereinen. Ihr braucht dann gegen die Schmitzisten nichts zu unternehmen, was euch persönlich in Gefahr brächte und könnt die Zugeständnisse der Gesellschaft an ihre Forderungen genießen.
Zudem solltet ihr stets bemüht sein, eure eigentlich privaten zu öffentlichen Problemen zu machen, auf dass Müllers und Meiers aufhören, bei euch nach Fehlern und stattdessen diese bei sich selber zu suchen."
Pürlü, dachte sich darauf Frau Schmitz, könnte ich morgen auch mal wieder kochen, Multikulti ist irgendwie lecker.

Sonntag, September 30, 2012

Spötterdämmerung






Da schwoll dem Führer mächtig die Krawatte
und auch der Duce war nicht amüsiert.
Denn was der eine wie der andre gar nicht gerne hatte:
wenn wer ihn karikiert.

Auch keine Gaudi kannte der Caudillo,
wer ihn verarschte, rauchte bald sein letztes Zigarillo.
Dem Mao und den roten Khmer
war Spaß ein Gräuel. Sogar sehr.

Die Päpste akzeptierten keinen Spott,
da glaubten sie sich im Verein mit Gott.
Wer Stalin irgendwie ironisierte,
der verschwand. Was dann passierte,

ist bekannt. Will man den Platz in dieser Welt behaupten,
so greift man flugs zum füsilieren.
Der Sultan ließ die Gegner gern enthaupten.
Das könnte uns in Zukunft auch passieren.

Sonntag, September 16, 2012

Der Außenministergerät






Wenn Westerwelle erst mal entscheidet,
dann reichen die Konsequenzen weit.
Woran er am meisten leidet
sind Hader und Streit.

Er nimmt sich die Bösen zur Brust
und redet ernsthaft mit denen:
Du, darauf hab ich echt keine Lust.
Irgendwie verspür ich ein Sehnen

nach Dialog und Einigkeit.
Der Anfang ist der Start vom Beginn.
Wo bleiben Spaß und Heiterkeit?
Wir teilen uns dann den Gewinn.

Du bleibst in deiner Ecke,
ich werde dir sicher nichts tun.
Wenn ich mich hinter Hülsen verstecke,
dann lassen wir den Zwist einfach ruhn.

Montag, September 03, 2012

Kleinunternehmer

Welch ein Leben, nichts als rackern,
schuften, plagen, knechten, ackern.

Dann diese miese Zahlungsmoral,
Globalisierung, mir bleibt keine Wahl
als mich selber auszubeuten,
Krisenglocken hör ich läuten -

Moment mal, Glocken wiegen doch recht viel,
für einen Metalldieb ein lohnendes Ziel.

Mittwoch, August 22, 2012

Radschüttel


Ich such nach einem Schattenplatz
für meinen völlig platten Schatz.
Ihn schmerzen seine Reiterwadeln,
er kann so nicht mehr weiterradeln.
Man müsste einen Bus finden,
er möchte sich den Fuß binden.
Doch heißt es also: “Weiter, Herden”.
Das kann ja noch heiter werden.

Der moderate Taliban (Remix)






Wie jeden Morgen fährt der moderate Taliban
mit dem Jihad 500 ins Büro. Er trägt
den feschen Turban Marke Ali Boss,
und träumt vom neuen Mahmud-Benz-Coupe.

Sein Job ist schwer, er soll aus tausendeins Verboten
fünfhundertundeinhalbes machen, dabei keines ändern.
Zum Mittagessen gibt es Dialog mit Reis,
Europa kommt vorbei. Der Rest ist für die Frauen und die Kinder.

Natürlich dürfen Muttis lesen. Den Koran
gibt es im Dünndruck auch für Damentäschchen.
Die jüngste Tochter könnte manchmal in die Schule gehn,
wenn sich denn eine fände, die nicht gerade brennt.

Man köpft in Zukunft halb und hängt ein wenig auf,
mit Kieselsteinchen wird ab jetzt geworfen.
Die Viertfrau soll zumindest dreizehn sein,
man ist ja schließlich ziemlich moderat.

Am Abend dann ein Pfeifchen Grass,
ein Gläschen Scholl-Latour und vor der Bettzeit noch
ein Tässchen Käßmann-Tee.
Das renkt sich alles ein, ihr werdet es noch sehn.

Manche Leute haben echte Probleme


Mein Zahnarzt hat mir das Gebiss vermessen
und dabei die ganze Zeit davon geredet,
wie Tee und Kaffee, Rotwein, gutes Essen,
besonders süßes, saures, jeden, aber jeden
Zahn im Lauf der Jahre aus dem Garten Eden
treibt und wie die Höhe solcher Schäden
ihn zur Verzweiflung bringt:
Da kann man die Sanierung oft auch ganz vergessen!
Und wie er abends müde, grußlos, mit dem Tagesärger ringt.

Nachrichten aus der Zukunft






Gün/Der Tag
Duisburg, 22.04.2034

Von unserem Korrespondenten Moustapha Al-Schmitz

Bundeswehr stellt Ordnung her

Nachdem es in der letzten Woche während des Aufgrillens im Böninger Park zu Handgreiflichkeiten kam, als sich vermehrte Beschwerden wegen der Verbreitung von Schweinsmolekülen erhoben und sich handgreifliche Auseinandersetzungen über das gesamte Stadtgebiet verbreiteten, kam es gestern früh gegen 11:11 zu erheblichen Ausschreitungen, den so genannten Grillaufständen. Eine bisher unbekannte Gruppe namens Barbeque-Bandidos, unbestätigten Meldungen zufolge eine Unterabteilung der berüchtigten Grill-Guerilla, stürmte plündernd und brandschatzend das Rathaus. Der Oberbürgermeister Muhammad Haji Sauerland konnte der aufgebrachten Meute nur durch einen Sprung aus dem Fenster seines im ersten Stockwerk gelegenen Büros entkommen, wobei er sich eine ernste Bartverletzung zulegte, welche in der Düsseldorfer Uniklinik behandelt wird. Er befindet sich außer Lebensgefahr.
Ein geplantes Schweinenackenattentat auf den Kalifen von Marxloh, Mehmed Meyer-Menderes, konnte durch ein beherztes Eingreifen der neugegründeten Abteilung zur Niederhaltung abweichenden Verhaltens beim Sonderministerium in letzter Minute abgewendet werden. In einem durch die vermutlichen Täter angemieteten Lagerhaus wurden zahlreiche abgelaufene Würstel, Kottelettes, Bauchspeckgürtel und mehrere Fässer voll Schweinsgülle sichergestellt, die zur ordnungsmäßigen Vernichtung den zuständigen Ämtern übergeben wurden. Es bestand deren Angaben zufolge zu keiner Zeit eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung.
Nach ernstzunehmenden Ankündigungen der autonomen "Duisburg in den Rhein"-Aktivisten, die damit drohten,  Deiche zu sprengen und sämtliche tiefergelegenen Gebiete den Fluten zu überantworten, besetzte gestern die dritte Brigade des Heimatschutzheeres wichtige Knotenpunkte und schritt zu ersten Verhaftungen. Sämtliche Rädelsführer seien aus dem Verkehr gezogen, verlautete es aus gewöhnlich zuverlässigen Kreisen. Unbestätigt sind Meldungen, nach denen es zu rätselhaften Selbstmorden gekommen sein soll, vermutlich handelt es sich um Opfer der gemeinen Schweinepestilenz A.
Der Erzpräses der ök(o)umenischen Kirche Rheinruhr, Martin(a) Paulus-König, rief zu Ruhe und Besonnenheit auf. "Wir müssen uns verändern, um den Anderen aus seiner Andersartigkeit zu befreien", erklärte er während einer Pressekonferenz in der Imam-Salvator-Kirschee. "Toleranz ist gerade auch und besonders wichtig da, wo es um kritisches Hinterfragen und, besonders wichtig, Verändern von eigenen Dogmen, Vorstellungen und Verhaltensweisen geht. Grenzen zu setzen grenzt immer auch irgendwie ein oder aus."
Erste Maßnahmen der zuständigen Behörde zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung des Lasters und zur Aufrechterhaltung der Tugend beinhalten: Kennzeichnung von Stätten, Personen und Transportmitteln des Umgangs mit Sus scrofa domestica, insbesonders Produkten, Derivaten, Atomen und Molekülen solchselbiger in Verbindung mit Zucht, Mast, Schlachtung und Inverkehrverbringung sämtlicher Produkte, Derivate, Atome und Moleküle oben genannter mittels geeigneter Verfahren. Speziell ist das dem Verzehr der Produkte dienende sogenannte "Grillen" und "Braten" der im Bundesgesetzblatt 13/22-A-15 näher bezeichneten Bestandteile dienende Verfahren des geruch- und rauchlosen Herstellens verzehrfähiger Bestandteile von Haus- und wildschweinen vermittels des patentierten Rauch- und geruchlosen Verfahrens zur hitzebezogenen Zubereitung schweinischer Produkte in geschlossenen Schutzräumen anzuwenden, besonders unter Berücksichtigung einer energieschonenden Vorgehensweise.
Die amtierende Vilayetkanzlerin Ayshe Brandkohl gab in einem Kurztwitterview mit dieser tweetschrift ihrer Hoffnung Ausdruck, dass nun "aller Zwietracht ein Ende bereitet sein möge und Diskriminierung, Vorurteile und das Streben nach Ungerechtigkeit und Bevormundung ihren Platz in der zuständigen Mülltonne der Geschichtsschreibung finden werden."

Montag, August 20, 2012

Zum Geburtstag






Schenkt mir bitte keine Blumen,
schenkt mir lieber ein Gewehr,
noch dazu ein paar Granaten,
Feldhaubitzen, Hacke, Spaten
und dann wünsche ich mir sehr,
ach, was soll der Geiz, ein Heer
gnadenloser Friedenmacher.
Diese Welt ist ungerecht,
nur Gelaber und Geschacher
und den Falschen geht es schlecht.

Die Fairordnung lautet nun,
jene künftig zu fairtreiben,
die, fairteilend, nur fair tun
(wer fairhungert, darf fairbleiben).
Doch die, die sich im Ungefair fairstecken,
sollen fairdursten und fairrecken.

Samstag, August 11, 2012

Sex-App







Ich hab mir gleich die neue Sex-App aufs Gerät geladen,
es bebt der Sessel und es zucken Waden.
Doch kurz vorm Höhepunkt verlischt das Licht:
Es hält der Akku nicht, was der Prospekt verspricht.

Auch weiß ich nicht, wie man verhindert,
dass eine etwaige Schwangerschaft die Freuden mindert.
So habe ich mein Smartphone eingetütet,
was wiederum ein Feuchtgefühl verhütet.

Man wird mich wohl dereinst vor einem kleinen Bildschirm finden,
mit tauben, blutenden und blinden
Daumen, Fingerspitzen:
Verschied im Bette nicht, verstarb im Sitzen.

Sex sells









Saugt der Alte an der Fluppe?
Sie kocht Beates Gummipuppe.

Ist der Gatte mal nicht willig,
Lidl hat die Gurke billig.

Zeigt die Gemahlin keine Lust,
kauf dir bei Aldi Putenbrust.

Versagt im Bett stets der Gemahl?
Finde Ausgleich bei Real.

Hat sie gar nichts mehr in petto?
Schlummertrünke gibts bei Netto.

Das Kaufland bietet ihm und ihr
nachhaltige Kaufplaisir.

Sinnspruch 1






Nimm das Leben nicht so schwer,
das nächste wird noch viel schwerer.

Dienstag, Juli 31, 2012

Vom Balkon










Die Sonne sengt sich durch den Sonnenschirm,
das Männertreu ganz vorne auf der Brüstung hat gelitten unterm Dauerregen
und Hummeln stürzen sich gleich Kamikazefliegern auf Cosmeen.
Die Löwenmäulchen haben einen höchst subtilen Duft.

Man muss schon nahe rangehn mit der Nase,
dann sieht man, wie Marienkäferlarven der Blattlaus ihre Existenzberechtigung entziehn.
Die Hähnchenschnitzel für den Grill sind fertig mariniert, nur noch ein wenig Koriander, Schnittlauch, Petersiliengrün für den Salat.

Es gibt gekühlte Bionade, Fassbrause oder reinen Wein ins Glas
und keine News zur vollen Stunde aus Aleppo und Athen. 

Dienstag, Juli 17, 2012

Endlich nichtdichter




So mancher denkt, er wäre nicht mehr knusper,
(nicht er, nein der, auf den sich dieses hier bezieht),
doch mir gefallen seine alten Muster.
Ich mag den Bastard billig und gemein,
auch wenn er nicht ganz sauber ist,
der kleine Reim.

Ave, canis







Das menschlich-allzumenschliche ist eitel,
so greift er Hammer sich und Beitel,
graviert der Menschheit in den Scheitel:
So ging das nicht und geht das niemals weiter!

Er leidet nicht an solchen Tagen gleich dem Hund,
er frisst sich an der eigenen Distanz gesund
und scheint die Welt auch noch so kunterbunt:
Er war und ist und wird gescheiter.

Freitag, Juli 13, 2012

Nachhaltige Finanzpolitik



Runter auf die tiefsten Sohlen
fährt der Wolfgang, Kohle holen.
Fleißig macht er Loren voll,
schneidet, kratzt und hackt wie toll.
Sechzehn Tonnen sind sein Soll.

Euroabbau ist sein Leben -
drohend knistern morsche Streben.
In Schacht achtzehn, zwischen Hammel=
sprüngen und Gegammel
alter D-Mark wächst der Bammel.

Denn die Lage untertage
ist marode, keine Frage.
Soll "Glück auf" sich weiter lohnen,
braucht es viel an Subventionen.
Keinen wird die Krise schonen.

Und so fährt der alte Kumpel
mit dem Aufzug, pumpelrumpel,
in sein Flöz und rumpelpumpel,
rollt er vorwärts. Schaben, schaben,
dass wir reichlich Euro haben.

Grus Grus



Der Kranich sprach zur Krandu: hier,
nimm diesen Ring. Dann heißt's Kranwir.
Die Holde sprach: Mein lieber Mann,
ich bleib doch lieber Solo-Kran.

Donnerstag, Juli 12, 2012

Latte








Wir sitzen rum und trinken Latte,
der schmeckt, als ob ihn schon mal einer hatte
und klicken uns ums Erdenrund.
Wir süßen blonden Prinzen und Prinzesschen
verdienen unser Esschen
mit irgendwas mit Medien und dem Mund.

Wie viele Feinde hast du bei Facebook?
Wer hat deinen Blog zerhackt?
Boykottiert man dich bei Twitter?
Sieht man dich auf Myspace nackt?

Schmeißt das Smartphone in den Hafen,
kleinen Gräfinnen und Grafen
steht ein Leben zu, ein Wert, dafür zu sterben
und heroisch in den Untergang zu gehn.
Natürlich sind Bilanzen schwierig zu verstehn:
Da müsste erstmal einer etwas haben, es zu erben.

Festival



Heut abend spielt beim Summerjam
der Reggaekönig Jammer-Sam.
Es singt der weise Rastamann
den Superhit “Run, Masta, run”.
Man soll uns rauchen lassen Weed,
dann rufen wir: "Mann, wassen Lied!"

Samstag, Juni 02, 2012

Die Müslibruderschwesternschaft tagt




Ein Heiopei von Occupy trägt seinen Sermon vor,
von dem man nicht ein Wort versteht, denn draussen johlt ein Chor.
Abgetakelte Fregatten, die gestern noch Schwestern waren,
liegen sich in ihren artgerecht gefärbten Haaren.
Und an der Resterampe lungert ein Rudel zerlumpter Gestalten.
Die Kommunarden verwalten vergesellschaftete Unterhosen
Punkt zehn Uhr. Danach verlosen wir das richtige Bewußtsein
zum kostenlosen Download auf gung-ho.de und reiten Schein=
ättäckchen mit roten Bäckchen in kompostierten Jäckchen.

Denn der Planet hat immer Recht und die Natur macht keine Fehler,
der Wähler fordert Betreuer für Betreuer für Betreuer und das
kommt reichlich teuer. Doch mit der Barfußdenkersteuer
steuern wir entgegen, erneuern wir, wogegen wir immer schon waren.
Es wird schlicht alles, was schlecht ist, verboten,
Gedanken werden renaturiert. Wir hobeln, schnibbeln, schroten,
bis das Sauerkräutlerbewußtsein regiert.

Donnerstag, Mai 31, 2012

Nachhaltiger Tourismus



Der Bär verlangt nach Bullrichsalz,
sein letzter Gast steigt hoch im Hals.

Entrüstet flieht der fromme Hai,
hast du kein Badezeug dabei.

Gern sind im Wüstensand gelitten
Touristen, vom Kamel geritten.

Wer Köpfe jagt, der braucht kein Geld,
nur, dass man seine Welt erhält.

Ist dir der Fortschritt oft zu kalt?
Verkompostier im Regenwald.

Dienstag, Mai 29, 2012

Relativ (Egg by Ry)



Normal geht das im Leben schief,
was schiefgehn kann.
Dann sagt man sich: Ist relativ.

Und hebt den Kopf aus seinem Tief
und macht sich umso stärker dran.
Normalerweise geht was schief.

Man möchte toben, schreien, rief
am liebsten wo ganz oben an.
Dort sagt man nur: Ist relativ

gesehen überall der gleiche Mief.
Ob man in Marxloh wohnte oder Cannes -
Normal geht jedes Leben schief.

Ob man nun wachte oder schlief,
bescheiden war, auf Rache sann:
Das bleibt doch alles relativ.

Steht man zum Schluss vor seinem Chief
und fragt ihn: Machst du, Alter, Lan?
Sagt er: Normal geht jede Schöpfung schief,
doch ewig bleibt das relativ.

Montag, Mai 28, 2012

Auferstanden als Ruinen



In der Fabrik für krumme Nägel ruht die Produktion,
die Löhne sind rostig geworden.
Man trägt wieder kopflos unter dem Hut,
mit den Händen der Zeit am Hals.
Abreißerbanden beherrschen das Stadtbild,
sie schaffen eine neue Ordnung:
Hier gibt es Geld für nichts und bald auch
nichts fürs Geld.

Wir greifen ab und zu, weil es uns zusteht
brennt die Post ab, Gemütlichkeit im Minenfeld.
Ein Feuerwerk der Wut im Siechenhaus,
schlaflose Tage für ein Supermarktregal.
Die Geisterfahrer geben Widerworte -
ihr seid alle auf der falschen Spur
und denkt mit leerem Tank.

Egal




















Ich wisch dem Bluthund seinen Arsch
mit rotem Hering aus der Spur.
Nur ungefähr entkommt ein ungenanntes Grauen.
Nun will ich bauen in ein etwas

vages, jawohl, ich wag es,
zu zimmern hoch und breit und lang.
Ich bin nicht bang
vor Missgefallen. Nur

verzeih ich keinem, der kein Verständnis
zollte, er möchte sich mehr Mühe geben.
Er könnte sich erheben,

denn was entstehen sollte
und was ich oder nicht wohl sagen wollte:
Erschütterung bewirkt kein Beben.

Mittwoch, April 04, 2012

Darüber ist Herr Grass sich selber nicht gewachsen








Günter hat Meinung wie andere Fieber,
mit letzter Feder spritzt er Tinte zum Poem.
Es nagt in seinem Innersten, wie am Baume der Biber,
die Wahrheit und die ist niemandem bequem.

Oh Zion, hör auf Günter und höre auf zu existieren,
weil er nur dann in Ruhe trauern will und kann.
Ja, muss denn erst was schreckliches passieren?
Seht, wie er leidet. Der arme Mann

kennt sich mit Blut und Boden aus,
er hat schon mal daran gerochen.
Und frisch gestrichen strahlt das alte Lügenhaus
und fruchtbar ist der Runzelsack, aus dem sie krochen,

die ewigen Freunde. Wer solche hat,
der jage sich gleich selbst ins Meer.
Dann nimmt der Günter sich ein neues Blatt
und schreibt darauf noch mehr und mehr und mehr...

Brief an die Eltern 1








Liebe Mami, lieber Papi,
danke für euren Brief von letzter Woche. Die zehn Euro kann ich gut gebrauchen, ich werde mir davon ein halbes Brot kaufen. Jetzt erschreckt bitte nicht, aber ich habe das Studium abgebrochen. Die Aussicht, die nächsten fünfzig Jahre Deutsch als Fremdsprache für Deutsche zu unterrichten, hat mich doch zu sehr deprimiert, auch weil es kaum mehr ein Zielpublikum gibt. Dennoch sind die sechs Semester nicht in den Sand gesetzt, sie haben mich befähigt, den Aufnahmefragebogen zur Ausbildung als staatlich geprüfter Vollbefugter derart fehlerfrei auszufüllen, dass ich eine Lehrstelle bekommen habe. Gut, ich werde die nächsten Jahre wenig verdienen, aber ich habe einen Platz im gesicherten Wohnen erhalten, werde vollverpflegt (kein Vergleich mit deinem Essen natürlich, Mami) und darf fast unzensiert im Zwischennetz surfen. Die medizinische Versorgung ist ausgezeichnet, wir werden täglich untersucht. Ich darf sogar weiter e-Joints rauchen.
Die Kameradschaft ist ausgezeichnet, ich habe schon einen Freund, Kevin Öztürk. Ich verbessere sein Deutsch, er mein Türkisch und abends spielen wir e-Tennis oder gehen in die I-Bar auf einen e-shake (keine Sorge, Mami, natürlich -L). Wir sind bislang die besten im Kurs "Wertstoffermittlung und Rückführung in den Wirtschaftskreislauf", ein geniales Programm. Wir begleiten als Kaumbefugte die Vollbefugten Ermittler bei Hausbesuchen. Hierbei werden im Haushalt befindliche Edelmetalle festgestellt, bewertet und eingesammelt. Die Besitzer erhalten ein Zertifikat, behalten dürfen sie je einen Ehering und ein Stück persönlichen Schmucks. Die personalisierten Zertifikate sind unbegrenzt gültig, nicht beleihbar und nicht verkäuflich. In persönlichen Notsituationen können die Bürger Anträge auf Rückgabe stellen, aber da es keinen offiziellen Markt mehr gibt für Edelmetalle, wird diesen nie stattgegeben.
Dies dient dazu, ungerechte Anhäufungen von Werten zu verhindern. Der Staat beleiht die eingesammelten Stoffe und finanziert damit das neu aufgelegte Betreuungsprogramm. Eine Hälfte der Bevölkerung betreut die andere, ein mal im Jahr wird gewechselt. Ihr könnt euch vorstellen, dass dies immense Geldmittel erfordert, darum ermitteln wir auch Aktien, Bargeldbestände und sonstige Wertgegenstände und verbringen diese in zentrale Sammelstellen, auch dies gegen Aushändigung von Zertifikaten und Berechtigungsscheinen zum Bezug von Barmitteln. Die meisten Bürger sind kooperativ, aber ihr könnt euch nicht vorstellen, wie renitent einige Zeitgenossen sind. Wir rufen dann das Kommando zur speziellen Befragung aus dem Bus vor dem Haus, die haben bisher noch alles herausgefunden. Für mich wäre das nichts, die Kollegen sind etwas ungehobelt.
Wenn es demnächst bei euch schellt, wisst ihr also Bescheid. Ihr könnt stolz sein, an diesem Programm mitzuwirken und unser Gemeinwesen zu stärken. Ich habe herausfinden können, dass eure Straße nächste Woche an der Reihe ist.
In meiner Freizeit habe ich noch einen Job als Vertreter für Versicherungen gegen Demenz, äußerst einträglich. Die Prämien sind moderat, allerdings habe ich inoffiziell erfahren, dass noch kein Versicherungsnehmer die zugesagten Leistungen angefragt hat. Ein wenig merkwürdig finde ich das schon, aber alles ist legal und wenn ich weiter so gut verdiene, kann ich mir bald ein e-bike leisten und eine Lizenz zur Benutzung staatlicher Straßen. Dann komme ich euch sicher besuchen.
Bitte grüßt Omi auch ganz herzlich und sagt ihr, dass ich inzwischen 24 und ausgewachsen bin und von daher der Pullover, den sie mir gestrickt hat, ein wenig zu klein geraten ist. Ich habe ihn der staatlichen Kleidervergabestelle zukommen lassen. Und fragt sie bitte, ob sie sich nicht gegen Demenz versichern lassen möchte. Ihr vielleicht auch?

Ich küsse und drücke euch herzlich,
euer Sohn Heinz-Ali.

Eine Woche im Leben von...



Montags ist der Vollidiot für ein Industrieverbot.
Dienstags ist er gegen Jetten, Autofahren, Zigaretten.
Mittwochs hört man ihn skandieren: Böse ist das Konsumieren!
Donnerstags, spätabends noch, trillert er am Baggerloch.

Freitags sieht man ihn auf Bäumen wütend schäumen,
Samstags demonstriert er gegen das und dies. Das Paradies
findet Sonntagsmittags statt, wenn er Protestversammlung hat.

Es müsste ihm doch irgendwie gelingen, die anderen zu seinem Glück zu zwingen.

Dienstag, März 20, 2012

Fahr Bus und Bahn, komm später an






Wer Milch im Rucksack hatte, hat jetzt Butter,
ein fetter Riese fliegt als menschliche Kanonenkugel durch den Bus,
die Schwangere ganz hinten wird zur Mutter
und wer bis jetzt kein Wasser lassen musste, muss.

Die Staben aus dem Buch, sie taumeln durch den Wagen,
am Handy trennt ein Mädchen sich von seinem Freund,
wer einen hat, dem rebelliert der Magen,
zwei alte Hippies streiten laut um einen Joint.

Der Seebär vorne fühlt sich wie im Sturm auf seiner Jolle,
aus Eiern werden Omelette,
derb fluchend gehen sich drei Prollos an die Wolle
und keiner, der nicht gern ein eignes Auto hätte.

Der Fahrplan, bloß noch unverbindliche Idee,
wer hat die Löcher in den Teer geschlagen?
Es tut im Portmonee wie auch im Körper weh,
der Nahverkehr zählt nun als achte zu den Plagen.

Montag, März 19, 2012

Tattoo der Herrschaft







Wer, aus welchem Grund auch immer, Münzen sammelt mit dem Schwerpunkt Naher und Mittlerer Osten, wird schnell feststellen, dass dieses Thema bei eBay USA im Bereich Mittelalter angesiedelt ist. Die einzige Dynastie, die sich jemals länger gehalten hat im islamischen Raum, ist die Osmanische. Deren Imperium wurde zusammengehalten durch äußerste Strenge im Inneren und ständige Expansion nach außen, ein immerwährendes Vordringen und Ausplündern der besetzten Gebiete, Überfälle, Vertragsbrüche und der
Verheißung von Terror bei Unbotmäßigkeit. Als es schließlich nicht mehr möglich war, genügend Sklaven, Silber und Gold zu erbeuten, ging das Reich unter, pleite.
Weltliche und geistige Führer dieser Imperialisten waren die Sultane,  Nachfolger von Osman I. Ihre Beinamen sind bezeichnend, "der Eroberer", "der Betrunkene", "der Verrückte". Das Zeichen ihrer Herrschaft, in ganz Europa, auf dem indischen Subkontinent und in Arabien verhasst, ist die Tugra, ihr Namenszug in arabischer Kalligraphie. Sieht hübsch aus, lässt an tausendundeine Nacht denken, Istanbul bei Nacht und gibt es als Folienaufkleber bei eBay, als Uhr, als Wandtattoo, als Schlüsselanhänger.
In letzter Zeit sehe ich immer mehr Autos mit diesem Symbol auf der Heckscheibe, durchaus keine Kleinwagen und frage mich: was soll das? Warum gondelt jemand mit der Marke eines imperialistischen Raubstaates (man google Knabenraub, islamischer Sklavenhandel, Piraterie) durch meine friedlichen Gefilde? Unter diesem Zeichen wurden die Armenier ermordet, Generationen von Grenzbewohnern drangsaliert, "Ungläubige" zwangsbesteuert und jetzt fährt irgendsoein Heini damit spazieren?
Wer gegen rechts ist, gegen die Unterdrückung von Minderheiten und Frauen, gegen Körperstrafen und Willkür, der sollte spätestens im nächsten Stau hupen, wenn ein Anhänger der Reaktion vor ihm steht, mit dem Abzeichen eines menschenverachtenden Systems auf der Heckscheibe.

Ode an M.M.






Ich wäre gern dein Körbchenhalter
unter der gespannten Bluse
und ein Hauch von Schlüpferfalter,
lutschte liebevoll an deiner Buse,
griffest du mir nur inmitten
der Verkehrszeit in die Schritten.

Tief in deiner Kehle möcht ich wuseln,
mich an dir und dich an mir beduseln,
wollte dir im Hintern hummeln,
oktopussisch dich befummeln,
olfaktorisch dich beriechen,
über deinen G-Punkt kriechen.

Aber Weh erfahr ich heut,
du bestehst aus Zelluloid.
Fünfzig Jahre sind vergangen
und mein Traum scheint abgehangen.

Spaßgehabter






Ich wasch mir die Hände im Unglück der andern,
euch werd ich auch noch verrecken
sehen. Seite um Seite um Seite um
Saiten zerreißen, verbissen in Themen
zum Gähnen. Erregt euer Aufsehn alleine
sind wir gekommen, Kommune der schmutzig gemachten
Gedanken und jedes Ich ist gelogen.
Wunschtraumataxifahrer in kurzärmeligen Hosen
ziehn auf blinden Beinen, mit tauben Augen, stummen Ohren
auf für ein Land, das, JA, für sie geschlossen hat,
ganztags und -nachts in alternativen Quellwelten
findet sich jeder gesuchte als-ob-Beweis
steckt in der falschen Haut
ab ihr Idioten.

Samstag, März 10, 2012

Metamorphose


Einst war ein Mann mit einem Ding.
Ein Ding? Was für ein Ding? Ein Ding,
das runter bis zum Boden hing
und durch die Reibung Feuer fing.

Und weil der Mann an seinem Ding
wie auch das Ding am Manne hing,
so kaufte er sich einen Ring
und einen zweiten für sein Ding.
Sein Motto war: My thing is king.

Und als es dann ans Sterben ging
(er starb an einem Brathering,
es war am Ende vom Fasching)
da ward aus ihm ein Schmetterling
mit einem Ding. Ein Ding? Was für ein Ding?