Freitag, Dezember 28, 2007

Passagen



Zwischen den Zahlen Gefallen
gefunden am großen Nagen,
in nächstenverliebter Ekstase
alle Zähne abgewetzt bis auf die
tiefste Sohle, die Krone aufgetragen,
dass sich die Balken bogen
in den Augen der Puppen.
Flügel aus Beton sind nützlich
auf dem Weg nach unten.

Donnerstag, Dezember 27, 2007

Selbstverbrennungsmotor



Unter einem Himmel brennender Arschgeigen
trieben wir uns gegenseitig Sterne ab,
Wände aus Schränken zwischen uns
gedrängt. "Du weißt auch nie, was ich will",
verschwiegen in Morgenkaffebechern,
während der Zucker überfror.

Abends gemeinsame Selbstverbrennung
mit angefuselter Entkettung, tote Pferde
bis aufs Blut gepeitscht, Eigenbastelhölle
in zeitloser Warteschleife.
Wir trugen einander Schuld in Kübeln
auf den Schultern. Unterwegs zur Entsorgung
formlos geprägte Gerippe vergossen,
den Eingang zur Anstalt gemacht.

Mittwoch, Dezember 26, 2007

Alternder Kritiker



Ich bin so fürchterlich gelangweilt immerzu,
ach, wäre ich doch ignorant geblieben,
es ist so vieles so viel bunter in naiv.
Stattdessen hab ich Studien betrieben.

Daher weiß ich alles immer schon genau,
das meiste davon leider auch noch besser.
Die Welt scheint mir bloß leeres, blasses Grauen,
ich kann nicht mehr mit kleinen Klötzchen bauen,
seziere haargenau mit scharfem Messer.

Tristesse, Stumpfsinn, Einerlei scheint mir
das, was ich les, gering nur von Gewicht.
Ich hoff indes, man merkt es nicht, dass ich
genauso öde bin wie dies Gedicht.

Samstag, Dezember 22, 2007

Wolfshüter



Den Zimmermännern sind schon längst die Nägel ausgegangen,
zu viel stand auf dem Spielplan der verstrichenen Saison.
Befangen, wie sie sind, erklären sich die höchsten Richter,
die fremden Blumen sterben ab nach eigener Facon.

Das Rudel söffe sich so gerne blind in wilden Blutrausch,
an Opferlämmern, willig, fände es im Pferch genug.
Im Tausch stellt der Vereinsvorstand, zur Wahrung seiner Pfründe,
sich selber bloß. Und feiert sein Gelingen im Betrug.

Donnerstag, Dezember 20, 2007

Vorstellig



Man führt sich selber vor an kurzer Leine,
freundlich, sauber, nett und grade frisch rasiert.
Gibt höflich Antwort auf gestellte Fragen
und fragt sich, ob das irgendeinen hier wohl intressiert.

Von irgendwo drängt sich mit Macht ins Hirn die Phantasie:
wie säh der Laden aus, zerlegt, zerhackt in kleine Stücke,
das arrogante Grinsen eines Gegenüber ausgeschnitten
und die alberne Frisur skalpiert. Drapiert mit Eingeweiden
tropft vom Schreibtisch das warme Blut des Anderen
in leere Augenhöhlen...

"Ihr Antrag wurde negativ beschieden,
die Frist zum Widerspruch ist abgelaufen."
Beschieden und besiegt geht man aus der Tür,
um draußen wieder nur das eigne Haar zu raufen.

Dienstag, Dezember 18, 2007

Von Dorf zu Dorf (altes türkisches Hirtenlied)



Im Frühjahr treib ich meine Dönerherde auf die grünen Almen,
wenn unten in den Tälern gelbe, frühe Fladenbrote blühn.

Ach Mutter, ach Mutter, mein Herz ist ein verrückter Narr,
betrunken von Liebe, abends am Brunnen traf mich ihr Blick.

Ihr schwarzes Auge glänzet in den Träumen gleich Oliven
unter der Sichel des halben, golden erscheinenden Monds.

Betrunken von Liebe, ach Mutter, abends am Brunnen.
Verrückter Narr ist mein Herz, ach Mutter, mich traf ihr Blick.

Was sollen mir weiße, endlos erströmende Ayranquellen?
Mit ihr nur bunten Salat, gemischt, vom Strauche gepflückt.

Ach Herz, meine Mutter, ein betrunkener Narr, ach Mutter,
verrückt vor Liebe, abends am Brunnen getroffen vom Blick.

Es graut die Nacht, die Herde ruht sicher in finsterer Klamm.
Wir sitzen eng, rot glüht das Feuer und sie macht lecker Köfte.

Jemandsland



Ich werde meine Schulden später mit dem Geld begleichen,
das man auf Leichenhäute druckt im fernen Paradies.
Wo sich Genies bekümmern um die letzte Frage.

Dann suche ich Erdulden da, wo andre nicht einmal
den Schmutz mit Füßen treten. Und handele geduckt
im Plastiktütenhimmel fremd als Plage.

Sonntag, Dezember 16, 2007

Reproduktionsanlage



Noch halten Klammern fest die Stellen,
an denen Farbe in der Fahne war, egal,
es scheint jetzt richtiger, zu folgen.

Ein altes Brot taugt für die Tonne,
wie ließen sich die grossen Bilder übersehn?
Auf kleinstem Hass geköchelte Verachtung
für Schmerzen, angetäuscht in falschem Sein.

In halben Sätzen, punktgenau geliefert,
die sich seit Jahren in der Kehle stauen,
streichen sich die Segel aus dem Wind.

Blindverkostung



Sieben Stücke ruhn auf Platten,
gleich im Schnitt proportioniert.
Drapiert sind Gabeln, Porzellanen,
von den Ahnen gut verwahrt.

Der erste Bissen ist entscheidend,
krümelndes Stauben im Abgang verliert.
Schlimmer noch ist Fertigpackung.
Doch von Mama schmeckt es immer.

Verspielt



Ich jagte rückwärts, mit verhängten Fenstern,
durch eine aus der Zeit versetzte Nacht.
Mein Haus, erbaut aus lauter blanken Karten,
das dauerhaft als sicheres System erdacht,
zerbrannte sich zu erdelosem Garten.

Ich hab mir leere Hände ausgeteilt,
gespalten in den Ohren die Geschwätze.
Mehrfach an die Bank gezahlt mein Unvermögen.
Und spielte auf, im Glauben an Gesetze,
saitenlosen Geigen ohne Bögen.

Durch



Zum klaren Takte geschlagener Trommeln,
vertrieben wir uns wild in die Nacht.
Die weißen Flecken auf gespannter Haut
erwarteten entdeckende Erforschung.
Wir hatten eine Ahnung von den Freuden
der ungelöschten Feuer.
Nachts lagen wir nackt im Mondlicht,
um bleicher zu werden,
folgten den Bahnen der jungen Planeten,
auf kurzem Umweg zu uns selbst.

Heiter und besinnlich



Es liegt auf dem Esstisch die festliche Decke,
von Oma voll Liebe einst ornamentiert.
Ein Bäumchen im Topfe strömt würzigen Duft aus,
die Krippe, ein Erbstück, erstrahlt in der Ecke
und tropffreie Kerzlein beleuchten das Haus.

Gar lieblich lobpreisen die himmlischen Heere,
der Braten ist heuer köstlich geraten.
In Vaters Gesicht ist ein Lächeln geronnen,
den Kindern werden die Äuglein ganz schwere.
Zum Würzen hat Mutter Curare genommen.

Freitag, Dezember 07, 2007

Tannenspitzengluehn



Auch ich will wie die Räuchermännchen stinken,
an Tannen bunter die Lichtlein schauen,
Glühwein mir in Morgenfrühe brauen,
dann erstmal Marzipan, umhüllt von Schinken.

Wenn Sandelholz die Dufthoheit erlangte,
zu Mittag gibts kartoffligen Salat,
ein Rudolf steht im Flure schon parat,
dann ist die Zeit, vor der mir immer bangte.

Ach, bin ich froh, wenn dieses Fest vorbei.
Ein alter Sack mit einer roten Rübe
hängt vollgesoffen bei mir auf dem Klo.

Gar laut und schrecklich tönet sein Bohei,
ich laufe voller hormoneller Schübe,
verbringe wohl das nächste Fest im Zoo.

Fertigpackung



Die Stadt schmückt ihre niedere Gesinnung
mit einem feinen Netz aus festlich buntem Licht.
Damit es klar ist, was in Bälde blüht,
wenn Glanz zu Dunkelheit zerbricht.

Die Form steht fest, nur ist sie ohne Inhalt.
Im Duft der Farben mag es wohl gelingen,
den bloßen Anschein zu verwahren.
Doch Abscheu lässt sich nicht bezwingen.

Beginn



Daraus geworden, um zu sein -
es ist ein Element der Welt,
entfaltet in der Brandung.
Gewogenheit zerläuft
zu rieselnder
Verlandung.
Und mitgerissen ist der Strom,
verdunstend im Gewaber,
das leise wieder niederfällt.
Der Kreislauf kennt kein Aber.

Wenn Otter zu sehr dichten




Karl Otter, wohnhaft in Ilmenau,
war immer nett zu seiner Frau.
Jeden Mittag gab es frisch
fünf Forellen auf den Tisch.
Nur eines lag ihm schwer im Magen,
er konnte ihr nichts Liebes sagen.
Wie er sich mühte, begann jeder Satz:
"G..G..liebter Sch..Sch..atz".
Er dachte sich, so geht das nicht,
also schrieb er dies Gedicht:

Ich mag an meiner Alten
das graue Fell, die feinen Falten
und ihren kleinen Bauch,
den mag ich auch.

Verärgert verließ ihn die Otterfrau,
jetzt sitzt er alleine in seinem Bau.

Alternatives Happy End:
Wie die Otterfau sich freute!
Glücklich sind die zwei noch heute.

Brennender Bausparvertrag



Öffnet die Wehre, ein Feind naht,
flutet das Vorland der Keller.
Bangt um die Zukunft der Banken,
das Blut aus den Stümpfen strömt schneller.

Flieht aus der Stadt, wenn ihr Geld braucht.
Wir schießen die Spatzen schon ab.
Ihr seid auf den Dächern willkommen,
der Platz auf den Deichen wird knapp.