Virtuelle Schublade für Bilder, Gedichte, Geschichten, Links und Zeug.
Impressum: Rolf Menrath, Scheffelstr. 28, 47057 Duisburg, D
Donnerstag, April 07, 2005
Sleep1
Morgen schon weit weg, Zug in Richtung Paradeis. Vor uns endlose Ebene, unglaubliche Möglichkeit. Grenzen fallen. Wir kennen nur noch eine Zeit, wie spät ist es im Himmel? Wir haben die Papiere, zeigen sie vor, sind echt. Gibt es ein Problem?
Was mir am Tag der Abfahrt im Morgengrauen das "Morgen-Grauen" bereitete, war der riesige Industriemoloch, der gegenüber dem Bahnhof Unmengen von Ruß und orangeroten Dämpfen, die sich jedes Mal aufs neue zu den Worten "Krebs" und "Degeneration" zu formen schienen, in den (sicher dadurch noch mehr) nebelgrauen Morgen spie. Und richtig, direkt neben dem Werk stand eine Kate, so schwarz wie der Ruß der Schlote. Im Garten gleich nebenan stand kümmerlich "schwarzer" Mais. Selbst die Leute auf dem Bahnsteig sahen mir etwas dunkler aus, als im Rest des Landes.
Gegen acht Uhr Weltzeit verließ der Zug, alte grüne DR-Doppelstockwagen, das Himmelslogo lediglich über die DR-Schriftzüge gemalt, den Vorhof zur Hölle in Richtung Paradies. Vielleicht liegt die Freude, die durch die Fahrtrichtung kommt, an der Steigerung zwischen diesen beiden Plätzen, zumindest in der Bibel.
Während der Fahrt haben wir sprichwörtlichen Blumen gepflückt (na gut, mehr Unkraut). Was immer wieder auffiel: der "Conductor" ist der König im Zug, da hält man inne und läßt seine eigene Subordination erkennen. Und wie nun weiter? Russisch war nicht, englisch auch nicht, also "schriftlich". Dann die erste Überraschung: In bestem "sächsisch" die erste Belehrung: "Das ist nicht Copsa Mica, sondern Klein-Kopisch und Ihr wollt sicher nicht nach Sibiu, sondern ins Paradies!"
Nach kurzer Rast in "Nirgendwo" gings weiter mit dem Zug (Abteilwagen mit Holzsitzen und Lederriemen am Fenster, dafür würde sich heute jede Traditionsbahn ein Bein herausreißen!) Richtung Paradies. Ein Halt auf freiem Feld? Nein, da steht doch das Bahnhofsschild! Nur leider ist nicht ein Stück Farbe mehr dran, von Schrift ganz zu schweigen. Also Rucksäcke geschultert und los gings. Im Dorf hätte man einen mexikanischen Western drehen können. Keine Seele zu sehen, hin und wieder grunzte ein Schwein hinter einem Bretterzaun oder krähte ein Hahn. Am Dorfplatz ein kleines Kirchlein. Hinter dem Dorfausgang, dort, wo man auf den Meter genau den Übergang vom Land zum Himmel bestimmen kann, sahen wir dann die ersten Engel: auf den Feldern über dem Weg die kleinen, grauen Arbeitsengel mit vorsintflutlichen Geräten, unterhalb des Weges planschten im aufgestauten Bach die Dorfjugendengel. Da wir nicht wußten, wie hoch unser Ziel liegt, haben wir also unsere Sachen an's Ufer gepackt, und haben ermal gebadet. Aus einem kurzen Bad wurde eine Ewigkeit. Jedenfalls ließ die Hitze schon merklich nach, als wir uns dann doch noch entschlossen, aufzusteigen. Schon nach den ersten Metern tummelten sich Höllenhunde um uns herum. Die ließen allerdings sofort von uns ab, als wir uns nach Wurfgeschossen bückten. Wir gingen weiter durch verwunschene, nicht desto trotz recht ausgetretene Himmelspfade bis zum Abzweig auf etwa 1200 m Höhe. Langsam zog mittlerweile der Abend herauf, unser Ziel lag jedoch noch etwa 250m höher. Als es endgültig dunkel wurde, war auch das geschafft. Der Schock: über 400,- Himmelstaler Übernachtungsgebühr (unter dem Dachbalken wohlgemerkt) ließ nur die Zeltvariante zu. Außerdem war die Wolkenbank schon geschlossen. Also erst mal eine Lagerstätte suchen und Süppchen kochen. Bald entwickelte sich der Zeltplatz oberhalb der Wolke zum babylonischen Sprach-, Info-, Gerüchte-, Blitz- und Donnertauschplatz. Der Einzige, dem das nicht so recht gefiel, war der Wolkenengel, ich weiß noch immer nicht, ob es mal Mann oder Frau war. Nachdem wir dessen Hund jedoch mit einer schon reichlich "oxidierten" Salami bestochen hatten, war auch er machtlos. Weil es nicht schön war, sind wir dann losgezogen zum nächsten Wolkenturm und haben uns dort gleich wieder fallen lassen. Ein Donner grollte recht furchteinflößend und der Wind hieß auch schon Sturm. In der darauffolgenden Nacht rüttelte dann eine wahre Sturmorgie die Zeltgestänge durcheinander, dafür nur ein paar Regentropfen, die am Morgen, der mit strahlendem Sonnenschein begann, allesamt schon wieder getrocknet waren. Ein paar Wolken weiter lag dort wirklich Altschnee! Ein im Schnee freigelegtes Kellerfenster hab' ich jedenfalls nicht Ernst genommen. Dann ging ich drei Schritte bis zum Tode, eigentlich eine reine Fleißaufgabe, war ich doch jetzt unsterblich. Das Wetter hielt prächtig, und da wir bisher bestens vorangekommen waren, sollte ein Rasttag eingeschoben werden. Und da rasten wir heute noch. Abstieg wäre pures Knietotmachen, und weiter rauf wird es immer kälter. Außerdem haben wir die Orientierung verloren. Da ist das Problem!
Was mir am Tag der Abfahrt im Morgengrauen das "Morgen-Grauen" bereitete, war der riesige Industriemoloch, der gegenüber dem Bahnhof Unmengen von Ruß und orangeroten Dämpfen, die sich jedes Mal aufs neue zu den Worten "Krebs" und "Degeneration" zu formen schienen, in den (sicher dadurch noch mehr) nebelgrauen Morgen spie. Und richtig, direkt neben dem Werk stand eine Kate, so schwarz wie der Ruß der Schlote. Im Garten gleich nebenan stand kümmerlich "schwarzer" Mais. Selbst die Leute auf dem Bahnsteig sahen mir etwas dunkler aus, als im Rest des Landes.
AntwortenLöschenGegen acht Uhr Weltzeit verließ der Zug, alte grüne DR-Doppelstockwagen, das Himmelslogo lediglich über die DR-Schriftzüge gemalt, den Vorhof zur Hölle in Richtung Paradies. Vielleicht liegt die Freude, die durch die Fahrtrichtung kommt, an der Steigerung zwischen diesen beiden Plätzen, zumindest in der Bibel.
Während der Fahrt haben wir sprichwörtlichen Blumen gepflückt (na gut, mehr Unkraut). Was immer wieder auffiel: der "Conductor" ist der König im Zug, da hält man inne und läßt seine eigene Subordination erkennen. Und wie nun weiter? Russisch war nicht, englisch auch nicht, also "schriftlich". Dann die erste Überraschung: In bestem "sächsisch" die erste Belehrung: "Das ist nicht Copsa Mica, sondern Klein-Kopisch und Ihr wollt sicher nicht nach Sibiu, sondern ins Paradies!"
Nach kurzer Rast in "Nirgendwo" gings weiter mit dem Zug (Abteilwagen mit Holzsitzen und Lederriemen am Fenster, dafür würde sich heute jede Traditionsbahn ein Bein herausreißen!) Richtung Paradies. Ein Halt auf freiem Feld? Nein, da steht doch das Bahnhofsschild! Nur leider ist nicht ein Stück Farbe mehr dran, von Schrift ganz zu schweigen. Also Rucksäcke geschultert und los gings. Im Dorf hätte man einen mexikanischen Western drehen können. Keine Seele zu sehen, hin und wieder grunzte ein Schwein hinter einem Bretterzaun oder krähte ein Hahn. Am Dorfplatz ein kleines Kirchlein. Hinter dem Dorfausgang, dort, wo man auf den Meter genau den Übergang vom Land zum Himmel bestimmen kann, sahen wir dann die ersten Engel: auf den Feldern über dem Weg die kleinen, grauen Arbeitsengel mit vorsintflutlichen Geräten, unterhalb des Weges planschten im aufgestauten Bach die Dorfjugendengel. Da wir nicht wußten, wie hoch unser Ziel liegt, haben wir also unsere Sachen an's Ufer gepackt, und haben ermal gebadet. Aus einem kurzen Bad wurde eine Ewigkeit.
Jedenfalls ließ die Hitze schon merklich nach, als wir uns dann doch noch entschlossen, aufzusteigen. Schon nach den ersten Metern tummelten sich Höllenhunde um uns herum. Die ließen allerdings sofort von uns ab, als wir uns nach Wurfgeschossen bückten. Wir gingen weiter durch verwunschene, nicht desto trotz recht ausgetretene Himmelspfade bis zum Abzweig auf etwa 1200 m Höhe. Langsam zog mittlerweile der Abend herauf, unser Ziel lag jedoch noch etwa 250m höher. Als es endgültig dunkel wurde, war auch das geschafft. Der Schock: über 400,- Himmelstaler Übernachtungsgebühr (unter dem Dachbalken wohlgemerkt) ließ nur die Zeltvariante zu. Außerdem war die Wolkenbank schon geschlossen. Also erst mal eine Lagerstätte suchen und Süppchen kochen.
Bald entwickelte sich der Zeltplatz oberhalb der Wolke zum babylonischen Sprach-, Info-, Gerüchte-, Blitz- und Donnertauschplatz. Der Einzige, dem das nicht so recht gefiel, war der Wolkenengel, ich weiß noch immer nicht, ob es mal Mann oder Frau war. Nachdem wir dessen Hund jedoch mit einer schon reichlich "oxidierten" Salami bestochen hatten, war auch er machtlos.
Weil es nicht schön war, sind wir dann losgezogen zum nächsten Wolkenturm und haben uns dort gleich wieder fallen lassen. Ein Donner grollte recht furchteinflößend und der Wind hieß auch schon Sturm. In der darauffolgenden Nacht rüttelte dann eine wahre Sturmorgie die Zeltgestänge durcheinander, dafür nur ein paar Regentropfen, die am Morgen, der mit strahlendem Sonnenschein begann, allesamt schon wieder getrocknet waren.
Ein paar Wolken weiter lag dort wirklich Altschnee! Ein im Schnee freigelegtes Kellerfenster hab' ich jedenfalls nicht Ernst genommen. Dann ging ich drei Schritte bis zum Tode, eigentlich eine reine Fleißaufgabe, war ich doch jetzt unsterblich.
Das Wetter hielt prächtig, und da wir bisher bestens vorangekommen waren, sollte ein Rasttag eingeschoben werden. Und da rasten wir heute noch. Abstieg wäre pures Knietotmachen, und weiter rauf wird es immer kälter. Außerdem haben wir die Orientierung verloren.
Da ist das Problem!