Freitag, Oktober 10, 2008

Verziert



Regen, Regen, seit Tagen regnet es, aber heute nacht ist es ihm egal, dass die Schuhe durchnässt sind und ihm das Wasser in den Kragen rinnt, trotz der nach vorn geschobenen Kapuze. Er ist endlich wieder auf der Jagd, die letzten Wochen waren schrecklich, eine fiebrige Erkältung hatte ihn ins Bett gezwungen, ganz gegen seine Natur konnte er nicht durch die nächtliche Stadt streifen. Jetzt aber erwärmt ihn der Gedanke an das Anpirschen, den plötzlichen Sprung, die Angst, die er wecken wird, das Zittern der Beute, das Flackern in den Augen des Opfers, wenn er seine Trophäe nimmt. Schließlich wird Ruhe sein, er weiß, dass er das richtige tut, er bringt Friede den Unruhigen, den Getriebenen verschafft er Einkehr. Sein Handeln ist nützlich für die Gesellschaft, er merzt die Außenseiter aus, die anders sein wollen und Unruhe stiften. Ja, er ist Ruhestifter, auch wenn er weiß, dass er nicht verstanden wird. Anders will und kann er nicht sein, ganz auf sich gestellt schwimmt er gegen den Strom der Übereinstimmungen, der Konventionen, der Überzeugung von der Heiligkeit des Individuums. Schließlich ist er es, der andere in sich aufnimmt, zu einem Teil von sich werden läßt.
Er wird warten, er wird beobachten, einen finden, der durch die Dunkelheit läuft, ihm folgen und das nehmen, was er braucht. An seinem Körper sind wunderbare Zeichen, die nie jemand zu sehen bekommt, seine Beine sind geschmückt mit Tätowierungen, auf der Brust trägt er Ringe und Piercings, am Halsansatz trägt er Ohrringe. Jetzt will er sich seinem Rücken zuwenden, auch wenn es schwer sein wird, dort zu nähen, er hat sich ein kompliziertes System aus Spiegeln gebaut. Er freut sich schon auf den Schmerz, den es ihm bereiten wird, ein Stück fremder Haut an seiner zu befestigen, er zieht das Messer und pirscht durch den Regen.

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