Mittwoch, März 17, 2010

Doppelter Opferversteher



Doppelter Opferversteher

Geschichte und Politik sind schöne Hobbies, man lernt viel über Zusammenhänge und Abläufe, gewinnt Einsichten, sammelt Ansichten. Aber wie oft geschieht es, dass fremde Fakten störend wirken, andere Meinungen den freien Fluss der eigenen Gedanken behindern. Am besten ist es da, man bastelt sich ein geschlossenes Wahnsystem aus überall erhältlichen Versatzstücken.
Ein besonders gelungenes stellte nun Herr Hermann Dierkes von der-die-das Linke vor, am 16.03.2010 im Internationalen Zentrum der Volkshochschule Duisburg. Er las Auszüge aus seinem mit Sophia Deeg verfassten Werk "Bedingungslos an der Seite Israels - nur bedingt auf der Seite des internationalen Rechts". Nun hatte ich mir eigentlich 1976 geschworen, nachdem ich mit den Genossen des sozialistischen Büro mitfahren musste im Bus nach Brokdorf, weil der unseres selbstverwalteten Jugendzentrums voll war, nach Möglichkeit nie mehr mich aufzuhalten in einem Raum mit Sozialisten (nach der Hinfahrt) und offensiv einzutreten für die freie Marktwirtschaft (nach der Rückfahrt), doch dieses Video hat mich neugierig gemacht:
http://www.ruhrbarone.de/linkenpolitiker-dierkes-das-lappische-existenzrecht-israels/
Würde er das L-Wort wieder sagen? Würde ich den offensiv-beleidigten Pathoswogen dieses selbsternannten Rächers der Entrechteten und Künder des Heils widerstehen können? Ja.
Dierkes Methode ist es, den Staat Israel zu deligitimieren: „Entmenschlichung der Palästinenser durch die sogenannte IDF, Propaganda, Zensur, Gaza=Massaker, Israel ist alles erlaubt, die Araber werden entsorgt. Planmäßige Vertreibung und Ermordung, völlige Auslöschung der Kultur, der Zionismus als Wurmfortsatz des europäischen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, gegen das Völkerrecht, repressiv undemokratisch. Da hört jeder Spaß auf.“ (Zitate Dierkes, ich habe mitgeschrieben). Also, gegen so was zu sein, gegen Apartheid einen Boykott zu verlangen, das kann ja gar nicht antisemitisch sein. Schließlich kämpft Dierkes heroisch nicht nur für die arabischen Opfer, sondern auch für die vom deutschen Faschismus planmäßig ermordeten Juden. Dass er den Holocaust nicht relativiert, beweist sein Satz: (Das, was mit den Arabern gemacht wurde ist) "schlimmer als alles, was bis 1938 (ich betone: bis 1938) mit den Juden gemacht wurde." (Zitat Dierkes). Hier hat sein System die einzige Schwachstelle, er sollte dringend nachbessern: von 1933 bis 1938, ansonsten kämen ja auch die Jahrhunderte zuvor zum Tragen, mit Judenverfolgung und Pogromen in Europa und in der islamischen Welt.
Zwischendurch kriegt der Hermann noch persönlich et arm dierkes, beklagt sich bitterlich über Verleumdung, Verfolgung und Zensur aber: ab morgen wird juristisch zurückgeschossen.
Dann ist er endlich fertig und es kommt Fragestunde. Aus gutem Grund wohl wird die Redezeit auf drei Minuten beschränkt, man weiß ja, wozu Linke zeittechnisch verbal in der Lage sind. Auf die Frage, wie der von ihm gerechtfertigte bewaffnete Widerstand aussehen dürfe und ob er Bombenanschläge und das Beschießen mit Raketen auch für legitim hält, zählt Dierkes sämtliche Waffen des Staates Israel auf und sagt, dass Widerstand zulässig sei bei illegaler Besatzung und wenn die Besatzungstruppen ihren Pflichten nicht nachkämen. Raketen auf zivile Ziele seien zwar völkerrechtswidrig, aber so, wie die Palästinenser drangsaliert würden, sei das nachvollziehbar. Na klar, wenn ich alle Düngemittel aufbrauchen muss, um sie auf meinen Nachbarn abzuschießen, der perfiderweise seinen Dünger benutzt, um fette Ernten einzufahren, „man könnte fast zynisch werden“. (Zitat Dierkes)
Dabei könnte die Welt so schön sein, wenn nur das israelische System verschwände. Die eventuellen Überlebenden Juden könnten dann friedlich, Hand in Hand, mit der Hamas, dem islamischen Jihad, der PLO und den Moslembrüdern einen wahrhaft gerechten Sozialismus aufbauen. Eventueller Opfer nähme Herr Dierkes sich liebend gerne an.
Aber der Jude will ja nicht.

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