Samstag, Januar 26, 2008

Lebenskursbuch



Glaubt mir, ich habe schon alles probiert,
Fasten, Ekstase und Meditation,
hab mich exotischer neugeneriert,
traf selbst den Papst wegen Absolution.

Habe befremdliche Drogen genommen,
Zäpfchen, Tabletten und einige Säfte.
Bin durch die Ärmelkanäle geschwommen,
im Vertrauen auf mystische Kräfte.

Hab mir die Krischnaglatze geschnitten,
dann war ich lange ein Obermosher.
Hab mit dem Herrn am Kreuze gelitten,
ernährte mich flüssig, dann wieder kosher.

Nur selber denken und selber schauen,
das habe ich wohlweislich nie versucht.
Auf die eigenen Kräfte zu bauen?
Diesen Kurs hätte ich gerne gebucht.

Laberlätzchen



Pic by machtwort

Ich bin der Geist, der stets vermeint,
im Recht zu sein; denn alles, was vergeht,
zum Grunde hat, dass nichts entsteht;
Drum wär es besser, dass das Nichts bestünde.
Denn alles ist Eitel, alles ist Sünde,
zerstörend komm ich angerennt,
als Troll in meinem Element.

Salmode



Wachsen an den Hindernissen,
klettern, klettern, immer weiter.
Leben heißt, nach vorn zu streben,
zu vergehn im Fortbegeben.
Teil des Ganzen, Schwierigkeiten,
Schwarmgedanken sich geleiten,
endlich ist das Ziel erreicht,
Wissen wird hier abgelaicht.

Befindung



Dies Leben gleitet hin, besonnen, eben,
es fehlt ihm jene Eigenart, die zählt,
ein Auf und Ab, das Hin und Her im Lauf.
Als ob ein Grab sich vor der Zeit vermählte

mit Langeweile. Hängt doch jede Zeile
nur an den alten Zeiten hintendran.
So dass ein Spruch entsteht: Sein ist nicht was
es ist. Es wäre mehr, wenn man verfehlte.

Zur See, Teil eins




Breitbeinig stand er an der Reling und schaute auf die Weite der sagrotanischen See. Normalerweise kannte ihn die Besatzung der "BarKasse" als umgänglichen Mann, immer zu einem Scherz bereit und einem Gläschen Schnappes nicht abgeneigt. Doch jetzt zeigten sich erste Sorgenfalten auf der hohen, wettergegerbten Stirn von Kaptan Üglo. Von seinen Vorfahren, Korsaren des Mittelmeers, hatte er einen dunklen Teint und einen lebhaften Bartwuchs geerbt. Er war gedrungen und kräftig, mit großen Händen, die zulangen konnten, wenn es nötig war. Jetzt gab es nichts zu tun.
Seit Tagen herrschte eine für diese Jahreszeit ungewöhnliche Flaute. Vom wolkenlosen Himmel brannte die Sonne, langsam wurden die Vorräte knapp. Eigentlich sollten sie schon auf der Rückfahrt zu ihrem Heimathafen Rottenham in Lidland sein, die Kühlräume voll beladen. Aber sie hatten seit Wochen keinen einzigen Schwarm gesichtet und dümpelten zweihundert Seemeilen vor der Küste von Livion. Die Mannschaft wurde langsam nervös, erzählte sich immer wieder alte Geschichten von Schiffen, die in diesen Breitengraden verrottet waren, von verhungerten und verdursteten Seeleuten. Zudem waren sie hier nicht sicher, viel hatte man gehört von Fischern, die vom Geilenschöller, einem der berüchtigsten Piraten dieser Gegend, als Sklaven in die Ölgruben von Tommystan verkauft wurden. Nicht, dass sie wehrlos waren, Kaptan Üglo hatte schon am ersten Tag der Windstille Erbsenpistolen und Austernmesser ausgegeben, aber würde das reichen gegen eine Horde gnadenloser Freibeuter?
So verging der Morgen mit Sorgen, als die helle Stimme des Jungmaats Izeman aus dem Krähennest ertönte: "Merkwürdiges Phänomen backbord voraus"! Aller Augen richteten sich auf die Stelle, die der ausgestreckte Arm des Jungen wies und allmählich konnten die Matrosen etwas sehen. Ein etwa dreihundert Meter langer und ebenso breiter Teppich einer schwarzen Masse, die auf sie zu trieb. Über der Erscheinung flimmerte die erhitzte Luft, etwas Unheimliches ging von diesem Anblick aus. Eine leichte Brise kam auf, die den Geruch von vergammeltem Fisch herantrug. Bald schon war das von seinem Schleppanker an der Stelle gehaltene Schiff umgeben von Millionen aufgetauter, erbärmlich stinkender Fischstäbchen. Ein Anblick, der selbst Hartgesottenen Seebären die Tränen in die Augen trieb. Wie hatte es dazu kommen können? Stimmten die Gerüchte also doch, dass der gemeine Kapitän Nofrost die Meere befuhr, um alles zu enteisen? In den Spelunken Rottenhams hatten sie Gerüchte gehört, dass die mit Auftaukanonen bestückte "Alte Fregatte" in dieser Gegend unterwegs sei, um die perfiden Pläne des bösartigen Alten in die Tat umzusetzen, sämtliche Tiefkühlbestände der Ozeane zu vernichten. Jeder wusste, dass Nofrost Hauptanteilseigner der Kette Saurol war, die sich auf Sauermöpse spezialisiert hatte und dass deren Umsatz in den Keller ging, seit alle Kinder nur Fischstäbchen wollten und keine in Essig eingelegten Labberringe.
Um die Moral zu heben und den pestilenzischen Gestank erträglicher zu machen, ließ Kaptan Üglo Kautabak und reichlich Rum ausgeben. Bald schon war die Mannschaft hackeblau und begann, aus vollen Kehlen ein altes, rührseliges Shanty zu singen: "Ein Stäbchen liegt am Meeresstrand, wo es im Öl sein Ende fand. Warm ist es und es schmeckt fade, schwarz und fettig glänzt Pannade. Ade, ohe, ohjemine".
Die Brise hatte sich inzwischen zu einem ansehnlichen Wind entwickelt, so dass der Kaptan die Mannschaft in die Wanten wanken hieß, um diesem Ort der Fäulnis zu entkommen. Die "BarKasse" nahm Fahrt auf und segelte ihrem weiteren Schicksal entgegen.
Fortsetzung folgt

Montag, Januar 21, 2008

Garantiertes Gelingen



Alles bis ins Kleinste durchdacht und geplant.
Jedes Detail strategisch kalkuliert.
Ein Scheitern wird nicht in Betracht gezogen.
Das Ganze arrangiert für den Erfolg,
in Ansatz gebracht und abgewogen.

Zerspielt



Geberin,
halt mich an Regeln.
Mir wurden leere Hände ausgeteilt.
Die Farbenordnung ist bekannt,
doch fiel das Reden schwer
auf deine Sonnenbrille.
So hab ich meinen Bluff nicht leicht
erkannt.

Samstag, Januar 19, 2008

Tätigkeiten



Als Baguettefäller gerackert in den Vogesen,
die Majonäsegruben von Beijing verflucht,
in Holland hab ich Käselaibe zugeritten,
nach wilden Schrippen im bayrischen Wald gesucht.

Köpfe aus feinem Schaume gegossen in Rom,
als Jäger der Aromen war ich lang auf Hawaii,
chilenische Blini in Schnitze geschnitten,
und immer geschimpft, getobt und gelitten dabei.

Doch der allerunmöglichste Auftrag von allen,
- ich frag mich: wieso hab ich den angenommen? -
war, ist und bleibt, dir stets aufs Neue zu gefallen.
So bin ich als Hund auf denselben gekommen.

Akrostichon



Er steht, wenn man ihn nicht gebrauchen kann,
Lästig in der Gegend rum und frisst
Ein Büschel Heu pro Stunde und sonst reichlich
Futter. Auf dem Balkone ist er eher unbekannt und
Auch beim Bade nicht so sehr gelitten.
Nie wird er dir vergessen, was du ihm getan.
Tu also gutes nur, dann ist er ewig Freund.

Tour



Atemberaubend aufwärts gequält
vom Beginn abgefallen
dem Glauben an ein Treiben
im Sog nach vorne
verschwimmt die Aussicht
die zu überholen
durch Anstrengung
beweist den Willen zu atmen
angetrieben in zunehmender Bewegung
an die Spitze

Monetär beziffert



Ich hab mich gestern morgen selbst entlassen,
weil ich seit langem nicht mehr profitabel bin.
Mein Zeitlohnsatz ist einfach nicht zu fassen
und meine Kosten schmälern mächtig den Gewinn.

Das einzige, was zählt sind die Finanzen,
der Erstsemesterbwlstudent versteht.
Schön scheint ein rot, doch nicht bei den Bilanzen,
da ihm real bei Kosten jeder Spaß vergeht.

Muss ich mich Arbeitsplatzvernichter hassen?
Ich denke nicht, die Fakten sprachen wohl für sich.
Nachfrage, Angebot, da muss ich passen,
im Billiglebenland gibt es Ersatz für mich.

sandkornwerfen



wortbruch erlitten
im satzgefüge
aus gebirge von papier
insel geschöpft
mit leerem bild
haut abgezogen
der kopf
verblutet im fleisch
gebunden an vollendung
wird gesucht
auf dem grabenfeld
eine silbentrennung

Unterwegs



Gott nur ist mein Fahrer,
die Liebe ist der Sprit.
Sehnsucht meine Lenkung,
der Glaube nimmt mich mit.

Auf den breiten Reifen
der Hoffnung geradeaus.
Sie leitet die Mission
zurück in Vaters Haus.

Ich seh keine Ampel
und sei sie noch so rot,
bremse nicht für Heiden,
drück sie voll Inbrunst tot.

Freitag, Januar 11, 2008

Erbauung



Will mich in den sonnenlosen Straßenschluchten oft ergehen,
dort, wo eines Baumes grünes Blatt mir nicht die Aussicht stört
und sehen, wie kein Tier sich traut, Futter hier zu suchen.
Keines Vogels Zwitschern ablenkt, wenn der Motor röhrt.

Ich wandle kreuz und quer auf Rissen im Asphalte,
die, fremden Zeichen gleich, sich durch die Spuren ziehen.
Kalte Kathedralen der Verwaltung, Staubgeschmückt,
will sie bewundern, will vor Blumenfarben fliehen.

Gefällig ist Beton der Stadt im Frühen Dämmern,
wenn sich das grau der Häuser mit dem Horizont vermischt.
Das Hämmern von Maschinen klingt vertraut im Nieselregen.
Dann singt mein Herze laut vor Freude, das dem Walde ist entwischt.

Donnerstag, Januar 10, 2008

Lyrischer Alptraum





Ich fand mich gestern Nacht gezerrt vors Traumgericht,
ein hoher Saal. An einer langen, dunklen Tafel,
saßen vor mir, mit verschleiertem Gesichte,
in schwarzen Roben, schmuck behangen, sieben Damen.

"Nicht, was sie taten, sondern was sie unterließen",
so fauchte mich die dunkelste der Schwestern an,
"ist Grund für die Verhandlung. Denn Sie verstießen
schon gestern gegen Regeln, die noch nicht erlassen.

Wir hassen die Gedichte, die sie schrieben und
auch ihre Dramen. Und ihre Strafe hierfür kann,
nach einigem Verhandeln, nicht anders heißen:
Wir werden sie in einen kleinen Fisch verwandeln,

dann schmeißen wir sie weg in ein Aquarium.
Dort schwimmen sie auf ewig stur im Kreis herum.
Stumm büßend für ihr elendes Geschwafel".

Mittwoch, Januar 09, 2008

Herrscher der Schande



Wir schwammen durch Meere aus Flammen
züngelten fort gespült von Brandung
eisigen Kalbens unbesteigbarer Berge
schlugen wir mit Hacken aus Gold
gewirkte Unordnung durcheinander
in einem endlichen Universum
aus leeren, stabilen Kästen
haben wir unendliches abverlangt
geworfen wieder und wider
das offene hoffende Maul.

Sonntag, Januar 06, 2008

Ausflügeln



Die Routen vermint
sind die Takte
im Schlag zu still
geworfen aus der Spur
geworden ist sie,
die no go area
zur letzten Flucht.

Demenz



Um der zunehmenden Vergesslichkeit zu begegnen, begann ich, überall Erinnerungszettel zu befestigen.

Freitag, Januar 04, 2008

Beziehungstaxi



Du hast mich Leid getrunken, bis keinerlei Begehrlichkeit mehr war.
Für mich schien Ehrlichkeit die schönste aller Lügen. Du warst mir
als Berauschungsmittel zugetan. Die Spärlichkeit, mit der ich dir
die Herrlichkeit in unsren Körpern zugewiesen habe, war verwüstend.
Wir kratzten am Boden unsres Topfes, stets verzehrbereit,
bis er durch und durch war.

Donnerstag, Januar 03, 2008

Die Geißel der Bakteriophagen



Man fragt sich doch, was treibt die kleinen Kerle an,
dass sie sich immer gegen uns zusammenfinden?
Es ist ihr Hass auf das, was größer ist als sie,
der sie so stark macht und nur schwer zu überwinden.

Sie nutzen uns bloß aus für ihre finstren Zwecke.
Ob wir krepieren? Das ist den Biestern doch egal.
Gleich morgen wird's massiv antibiotisch hier und
Schluss mit Grog und Aspirin, mit heißem Tee und Schal.
Denen hetz ich ihre eignen Seuchen auf den Hals.

Dienstag, Januar 01, 2008

Weihnachten 2007



Es begibt sich aber:

Mädchen werden genital verstümmelt,
"Ehebrecherinnen" gesteinigt.
Vergewaltigte verurteilt.
Frauen werden eingesperrt.
Wenn sie versuchen zu fliehen,
aus Ehrgefühl erschossen,
erschlagen oder erdolcht.
(Autofahren dürfen sie nicht).

Die "Brüder", die von ihren Vätern
nur Schläge erfahren und Unterdrückung,
in einem engen Netz von Unwissenheit,
gemeinsamen Hass auf alles andere
und simpler stupider Blödheit,
die ein bestialisches System errichten wollen,
in dem 11jährige Mädchen Männern zu Drittfrauen
gegeben werden können im Namen eines Buches,
dessen Autor weder lesen noch schreiben konnte,
sind verabscheuungswürdig.
Ein Werk, das in keiner Zeile verändert werden
oder diskutiert werden darf,
dessen Autor seinen Nachfolgern erlaubte,
im Namen eines höchsten Gottes Todesurteile
zu verlautbaren und zu vollstrecken
und das einen religiösen Furor bringt,
gegen den sich der Puritanismus harmlos ausnimmt,
in dessen Namen eine neue Weltherrschaft errichten werden soll,
in dessen Namen erst Israel
und dann die Länder der Ungläubigen aus dem Atlas
getilgt werden sollen,
ist abzulehnen.

Kein Wunder, dass Nazis, Kommunisten und Islamisten
sich wörtlich verstehn im Kampf gegen die Freiheit.
Sie glauben an die unfehlbare
Doktrin.
Wer fehlt, dem werden die Hände abgehackt,
die Augen ausgestochen, dem wird die Zunge abgeschnitten.
Oder er wird geköpft, erhängt,
und er verschwindet aus dem Buch des Lebens.
Ich will das nicht.

Deutschland, ein Ammenmärchen



Man muss mir eines wirklich glauben:
ich leb nicht gerne und auch nur aus Zufall hier.
Drum hau ich mir auch selber fröhlich in die Fresse.
Moi, ein Deutscher? Bitte, denken sie doch so was nicht von mir.

Mein Boot ist größer, alle haben Plätzchen,
wird es zu eng, so spring ich gerne übern Rand.
Global trag ich die Schulden ab am Zustand dieser Welt.
Denn Schuld am Elend des Planeten trägt dieses, unser Land.