Samstag, Oktober 03, 2009

Straßenkämpfermann



Kurz vor Einbruch der Dämmerung ist es uns gelungen, die Absperrungen um den Burgplatz zu durchbrechen. Die Polizei hat wohl nicht mit unserer Entschlossenheit gerechnet, aber auch, dass wir so viele sind, hätte keiner gedacht. Wir sind gut ausgerüstet und hatten anfangs nur geringe Verluste, als wir unsere Feinde über den Platz trieben. Dann haben sich die feigen Schweine mit den Bullen zusammengetan und wir haben uns in Kleingruppen getrennt. Seitdem wogen Kämpfe hin und her, im Blaulicht der Einsatzfahrzeuge und dem Schein brennender Barrikaden. Ein fetter Geruch von schwelendem Plastik, gemischt mit Tränengas, macht die Luft schwer zu atmen. Von allen Seiten tönen Martinshörner, Sprechchöre und Schmerzensschreie.
Ich bin der Gruppe 5a zugeteilt, wir sollen die Niederstrasse von der Oberstrasse bis zum Flachsmarkt sichern. Die Organisation ist ausgezeichnet, wir sind diszipliniert, die Moral ist gut. Der Lärm der über uns kreisenden Hubschrauber treibt den Adrenalinspiegel hoch.
Wir sind gerade dabei, einen Kleinwagen in die Strassenmitte zu schieben, zu den Mülltonnen und den ausgegrabenen Strassenschildern, als einer von denen auf uns zuwankt. Als er uns erkennt, ist es zu spät. Wir sind schneller, treiben ihn in die Enge, schneiden ihm den Fluchtweg ab. Mit einer Haustür im Rücken beginnt er, sich zu wehren, geht langsam in die Knie unter unseren Schlägen und Tritten, krümmt sich auf dem Boden, versucht, sein Gesicht zu schützen mit hochgezogenen Armen. Wir wissen, was die mit uns machen, was die unseren schon angetan haben, da gibt es kein Halten. Der Typ heult und schreit, Rotze und Blut laufen ihm über die Fresse, die Augen zugeschwollen, die Klamotten zerrissen und plötzlich sackt er zusammen, keine Bewegung mehr. Wie auf ein Zeichen werden wir still. Vorne sagt einer: Der hat genug. Lasst ihn liegen, soll sich die Müllabfuhr um ihn kümmern.
Wir drehen uns um und laufen zum Flachsmarkt, dort scheint eine wütende Schlägerei im Gang, man sieht das Flackern von Feuer, hört Grölen und Flüche. Wir werden die Stellung halten und anständig bleiben. Wir sind nicht wie die, wir wissen, wofür wir einstehen.

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