Montag, Oktober 19, 2009

Erzählung




Es war einer dieser Frühlingstage, an denen der Himmel zu plötzlich zu blau und die Sonne unangemessen hell schien. Aus der Nachbarswohnung drang gedämpftes, langanhaltendes Stöhnen. Wenigstens hat mal jemand Sex, dachte er auf dem Weg nach draußen. Der Mieter von gegenüber, gerade erst eingezogen und schon geht das los. Schön und gut, aber müssen die jedem vorführen, dass sie noch können? Ich meine, gut, wir waren auch jung aber dann kommt auch so was wie Verantwortung, da kann nicht jeder, wie er gerade will, da gibt es auch so was wie Selbstbeschränkung und Streben. Höhere Werte, jedenfalls und nicht eine Matraze auf dem Boden und feuchte Laken und mit der Zunge überall und dann nicht mal duschen, einfach so zum Bäcker und die letzten Mehrkornbrötchen wegschnappen. Ein handgeschriebenes Namensschild an der Tür, wo heute jeder Computer hat, wahrscheinlich kein Geld für Tintenpatronen, aber sicher für Kondome. Komische Musik, wer spielt denn so Gitarre, ok, mein Vater fand Oasis auch Scheiße aber das ist hier ist doch nicht Seattle. Sie sieht ja nicht mal schlecht aus, wenn man auf Tatoos steht und Piercing überall, aber wie will der denn jemals einen Job finden? Ich meine, der sieht aus wie ein Stahlwerkvertreter, der kann doch höchstens als Türsteher arbeiten, bei den Muskeln. Freundlich grüßen, so als ob, naja, was wählt der wohl für eine Partei? Geht mich ja nichts an, hier kann jeder frei sein im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Aber muss sie denn wirklich so laut stöhnen? Gut, dass Marie schon auf dem Weg zur Schule ist, so eine Sauerei, sie ist ja schließlich erst fünfzehn. Vielleicht frage ich nach, bei der Hausverwaltung.

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