Mittwoch, Oktober 31, 2012

Versuchsanordnung






Wenn man noch mal so richtig feste
von der Seite oder besser noch
von oben dagegen oder drauf tritt,
vielleicht im rechten Winkel
und mit vollem Spann,
so dass es knirscht und knackt,
das müsste doch kaputtzukriegen sein.

Sonntag, Oktober 21, 2012

Fiskalunion






Jeder schnorrt den andern an,
ob der ihm was pumpen kann.
Doch da jetzt die allermeisten
statt zu schaffen Dienste leisten,
ist Europas Himmel blau.
Alt und grau sind Stier und Frau.

Mit dem Wachstum ists vorbei,
qualme, Schornstein in Shanghai.
Jubilieret, Staatstenöre,
brüsseltreue Bankrotteure:
In die Zukunft ziehn wir Schritt für Schritt.
Europa geht Pleite, wir gehen alle mit.

Samstag, Oktober 20, 2012

Occupied

Er geht ans Telefon, bevor es schellt,
hat er die Antwort fertig: Nein!
Ich will noch Glas im Container sortieren,
ich stanze Konfetti aus altem Papier.
Wer tackert wohl die welken Blätter wieder an die Bäume?

Barbaren haben die Anstalt übernommen,
Klüngelpitter prügeln sich um jedes Klümpchen Blech,
dabei sind noch Berge von Plastik zu bündeln
und Essensreste aus Eimern zu kratzen.

Am Abend schaut er alte Filme auf Tapeten
im Flur läuft ein Streifen über
apokalyptische Anfälle
alleine zu Haus.

chen und lein





Dem Veilchen ist naturgegeben,
bescheiden vor sich hinzuleben.
Für sich denkt es, es wäre geil
es wäre groß. Ein Veil.
Noch oberhammergeiler:
es wäre lieber Veiler.
Doch fänd es es am geilsten,
sein Name wär "Am Veilsten".

Da lässt die Natur nicht mit sich handeln,
so muss es weiter als Veilchen wandeln.

Montag, Oktober 15, 2012

ver...


sie ist verhörig geworden mit den jahren
kommt das sagt sie öfter mal was neues
nur nichts gutes sieht sie mehr ist da nicht
irgendwas gewesen hat sie gelesen
bevor danach kam hat sie noch gerochen
am puls mit knotigen fingern die enkel
aus pullis gepult und nach der schule gefragt
zerbrechen  die stimmen im kopf

Samstag, Oktober 06, 2012

Bei Osmans unterm Teppich




Familie Schmitz hat ein Problem. Ein Teil der weitverzweigten Sippe, die Schmitzisten, will zu den Wurzeln zurück und verlangt, dass alle Menschen nach den Regeln des alten Testaments leben sollen. Diese Forderung versuchen die Radikalen durch Mord, Einschüchterung, Unterwanderung und Terror durchzusetzen, Gesprächsangebote lehnen sie rundweg ab. Die Schmitzens sind verzweifelt, alle Welt zeigt mit dem Finger auf sie, der Ruf ist ruiniert. Da liest Mutter Schmitz in ihrer Tageszeitung einen Bericht über den "Tag der offenen Moschee" am 03.10.2012. Dort steht, der gegenwärtige Sprecher des Koordinationsrates der großen islamischen Verbände, Erol Pürlü, wolle "..helfen, das Bild des Islam in der Öffentlichkeit zu verbessern".
Holla, denkt sich der Schmitz'sche Familienrat, die haben doch ähnliche Probleme wie wir und deren Ansatz scheint zielführend. Also wird ein Beratungsgespräch mit dem Dialogbeauftragten des konservativen Verbandes der islamischen Kulturzentren (VIKZ) verabredet.
"Leute", sagt Erol bei Tee und Gebäck, "ihr müsst zunächst klarmachen, dass der Schmitzismus mit Schmitz nix zu tun hat. Die haben das richtige Buch falsch verstanden, daran ist aber die Gesellschaft schuld, weil sie denen nicht genügend Bildung hat zukommen lassen. Erster Punkt ist also Schuldzuweisung und Einfordern von mehr Möglichkeiten.
Zweiter Punkt ist die Korrektur des Blickwinkels: nicht der Schmitz an sich ist verkehrt, sondern seine Darstellung in der Öffentlichkeit. Gut, wenn man die Nachrichten sieht oder hört, tauchen immer wieder Störenfriede auf, die eurer Familie zugeschrieben werden. Ihr müsst das als Schreibfehler zurückweisen und die Überbringer schlechter Neuigkeiten zu deren Urhebern erklären.
Drittens darf nicht jeder Schmitz unter Generalverdacht gestellt werden, jeder ist genau so anders wie die anderen. Wenn ihr das oft genug betont und es schafft, die Erwähnung eures Namens im Zusammenhang mit üblen Geschehnissen zu unterbinden, wird sich die Öffentlichkeit mit euch vereinen. Ihr braucht dann gegen die Schmitzisten nichts zu unternehmen, was euch persönlich in Gefahr brächte und könnt die Zugeständnisse der Gesellschaft an ihre Forderungen genießen.
Zudem solltet ihr stets bemüht sein, eure eigentlich privaten zu öffentlichen Problemen zu machen, auf dass Müllers und Meiers aufhören, bei euch nach Fehlern und stattdessen diese bei sich selber zu suchen."
Pürlü, dachte sich darauf Frau Schmitz, könnte ich morgen auch mal wieder kochen, Multikulti ist irgendwie lecker.