Dienstag, August 24, 2010

Sexheftchen




Ich muss damals in der Sexta gewesen sein, ca 1966, da habe ich eigentlich noch Perry Rhodan gelesen, aber meine Mutter putzte bei so einem Grafen, das war die absolute Oberschau, freischwebende Treppen und ein Swimmingpool im Keller (wir hatten damals Kohleheizung) und ein Klavier und weiße Möbel, irgendwas aus Schweden und Bambus im Garten, kein Gemüse wie mein Onkel, wenn man da durchging in kurzer Hose hat es immer so gekribbelt im Schritt und im Wohnzimmer eine Braun-Anlage in Plexiglas, keine Schlager im Plattenregal oder "Hör Zu - Mal richtig tanzen", sondern abstrakte Cover, unleserlich, ich glaube mich an Bossa Nova erinnern zu können und benagelte Holzscheiben an der Wand, meine Mutter meinte, von Uecker, aber vielleicht haben die die auch selbst behämmert, er war ja Architekt und ist dann früh gestorben, man hat damals geraucht wie gestört und seltsame Flaschen in allen Formen und Farben und unter dem Plexiglastisch in der versenkten Sitzecke mit weißem Flokati lagen sie, die Sexheftchen, Playboys. Wenn Mutter oben die Küche putzte und die Gästezimmer hatte ich freie Fahrt, solange der Staubsauger röhrte konnte ich stieren, aufgerissene Körper, Monsterbrüste und hassenichgesehn. Naja, das hat mich dann ziemlich verdorben, irgendwie bin ich aus dem Sumpf nicht mehr rausgekommen, es ging mit Drogen, Selbstverstümmelung, Verfall sämtlicher Werte und Verrohung weiter, lebendige Frauen sah ich nur noch im Tiefglanz und war zu keiner dauernden Beziehung mehr fähig, irgendwann wollte ich sie nur noch in der Mitte aufklappen und anstarren, das haben Mädchen natürlich nicht so gerne, es kam zu Anzeigen und ungerechtfertigten Verurteilungen, die deutsche Justiz war damals so was von miefig, das kennt heute keiner mehr, wo Youporn und so das Geschäft bedrohen, weil wenn alle immer nur umsonst wollen, dann läuft bald gar nix mehr. Darum finde ich die Idee mit den Heftchen auch gut, da wird die Jugend noch so richtig verdorben und muss dafür bezahlen, es sei denn, sie fände die Magazine im Altpapier, aber da dürfen die gar nicht rein, was zu einem echten Entsorgungsproblem führt, weil verbrennen darf man die auch nicht. Da sollte sich die EU drum kümmern, dass so was wieder heimlich passiert.

1 Kommentar:

  1. Ja, die Hefte hatte ich dann auch in der Hand, aber da waren dann so komische Flecken drauf. Wahrscheinlich von meinem älteren Bruder, denn ich war dann immer nach der Schule da. Aber ich war schlauer (!!!), die Dinger lagen, wenn sie nicht mehr ansehnlich waren, auf deren Gästeklo (Marmor gefliest mit dem ersten Bidet, das ich in meinem Leben gesehen und gefühlt habe - HERRLICH nach der Lektüre).
    Jungbruder

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