Sonntag, April 06, 2008

Nach der Geburtstagsfeier




Nichts, absolut nichts geschah. Er probierte schon seit Stunden, mühte sich, las wieder und wieder das Handbuch, aber nichts. Kein Ergebnis, nichts passierte.
Dabei hatte er sich so auf diesen Abend gefreut, am Ende seines Geburtstags, endlich alleine in seinem Zimmer mit den Geschenken, vor allem mit dem einen, das er sich schon so lange wünschte. Die Spannung, ob er es bekommen würde - es war immerhin ziemlich teuer - war bis zum Schluß geblieben, bis er endlich vorsichtig das Papier geöffnet hatte. Was für eine Freude, und jetzt - nichts.
Ein leichtes Bauchgrimmen erinnerte noch an zu viel Kuchen und Limonade, aber das nahm er gerne in Kauf. Schließlich durfte er nur an Feiertagen gezuckertes zu sich nehmen, er neigte dazu, schnell Gewicht anzusetzen. Diese gewisse Pummeligkeit und die seine Kurzsichtigkeit ausgleichenden, dicken Brillengläser führten zu ständigen Hänseleien seitens seiner Mitmenschen. Es war schon schwer genug, Freunde zu finden, wenn man etwas besonderes war, aber mit diesen Handicaps schien es ihm fast unmöglich. Eine Freundin kam gar nicht in Frage, so war ihm klar, dazu würde er sich von Grund auf verändern müssen. Etwas großes tun, um die anderen zu beeindrucken, etwas wunderlich-einmaliges. Er hatte sogar schon daran gedacht, sich komplett neu zu erfinden, von Grund auf umzukrempeln, ein völlig anderer zu werden. Aber er hatte keinen Ansatzpunkt gefunden, traute sich nicht recht. "Wenn ich nicht mehr dieses, sondern ein anderes Ich bin, bin ich dann überhaupt noch Ich oder ein Unich?" fragte er sich.
Da las er die Annonce im Wochenblatt, die ihn dazu gebracht hatte, sich jenes Geschenk zu wünschen. Und jetzt stand er mit diesem verflixten, nutzlosen Ding in der Hand da. War er zu dumm, um die Anleitung zu verstehen oder war da ein Fehler im Text?
Aber vielleicht war er auch betrogen worden. Allerdings hatte der Verkäufer in seinem Inserat geschrieben, es sei Originalware, echt und einmalig, garantiertes Einzelstück.
Frustriert stellte er seine Versuche ein, legte sich hin, zog die Bettdecke über den Kopf und dachte kurz vor dem Einschlafen daran, das Geschenk an die Postfachadresse zurückzusenden. Vielleicht hätte er sich doch lieber Houdinis Hut wünschen sollen anstelle von Harry Potters Zaubermütze.

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