Dienstag, Dezember 30, 2008

Homo



Der Sapiens, mit Geisteskraft,
hat die Gefahren abgeschafft.
Er trotzet Wasser, Feuer, Sturm
und unterliegt zuletzt dem Wurm.

Hallo



du hast die nacht verschwiegen nicht
im morgenlicht auf freies feld gestellt
die frage nach der folgerichtigkeit
ich sag sie ab und an und auf die antwort
vertrag ich mich so weit ich kann geschenkt
hast du mir dieses kaum so weit gesagt
gefällt dir das vielleicht und kein gedicht.

Thoren



Sie stopfen ihre Glatzen
mit Stroh aus den Matratzen
vom Sperrmüll der Historie.

Der Weg zu Glanz und Glorie
führt immer über Leichen.
Stolz tragen sie die Zeichen,

in die Mitte, an die Titte,
an den Sack, Zack Zack.
Rassiert blasierte Fratzen.

Blitzkuscheln



Ich bin so Heß auf Oberlippenbärtchen
und Wesselspielchen achtundachtzig.
Marschier du ein, ich wedele Standärtchen,
mein Eichmann, willig Rassepferdchen,
los gehts mit heißem Volkssturmfick.

Röhm mir den Körper ein mit Stolz und Ähre,
ich Himmler dich und deine Eichmannskraft.
Göring schätz ich dich nicht. Ach du, verzehre
mich, ich werde nass vom völkischen Verkehre.
So Goebbels will, dann Hamas bald geschafft.

Manifest



Ihr könnt mir nichts,
ich bin fein raus da.
Wer ist es denn, der das behauptet,
ich wäre ausgegangen in der Nacht?
Und niedriger Gesinnung
folgend ohne Skrupel
dort eingebrochen? Ich hätte
vom Gesetz verbotenes gemacht?
Drei mal gelacht! Ihr Wichte
habt wohl den Urknall nicht vernommen.
Beweise, wasserfest, wie wollt ihr die
bekommen? Es fehlt an den Indizien!
Und am Motiv! Ich schlief zur Tatzeit
felsenfest. Den Rest erzählt euch
mein Vertreter vielleicht später.

Gorillae



Ljudmilla, das Gorillaluder,
hält seinen Ehemann auf Richtung.
Heimlich seufzt der leise: Du, der
einst warst Freund der hohen Dichtung,
bist ihr abends doch zu Willen,
traut vereint vom Sofa starren.
"Der Urwald sucht die Topgorillen".
Startnummer drei ist zum Vernarren.

Donnerstag, Dezember 25, 2008

Handbegrifflich



Die Antwort auf die meisten Fragen
liegt auf der Hand in der geballten Faust.
Das muss man mal so deutlich sagen.

Was ändert Jammern? Statt zu klagen,
so ist, wenn du es recht beschaust,
die Antwort auf so viele Fragen,

auf Sachverhalte, die dich plagen,
nicht im Verstand, doch im Affekt behaust.
Das darf man mal so deutlich sagen.

Es scheint ein Licht an dunklen Tagen,
wenn Zweifel durch die Seele braust,
die Antwort auf fast alle Fragen:

Als erster feste zugeschlagen.
Das kannst du auch, wenn du dich traust.
Das soll man mal so deutlich sagen.

Gewaltbereitschaft schafft Behagen,
ein Sturm, der durch die Häuser braust.
Die Antwort auf die meisten Fragen?
Nein! Laut und deutlich aufzusagen.

Mittwoch, Dezember 24, 2008

Morgige



Und plötzlich führt ein Bild im Wort zurück
an Plätze, welche lange überschritten schienen.
Bunt führen trübe Tage auf ein Stück,
dort finden sich inmitten tauber Minen
die Töne, die noch immer für uns klingen,
nie wiederholte Folgen aus den ungelebten Tagen.
Wer weiß, was wird, braucht nicht zu fragen
wie wir uns, Liebende, im Duft umfingen.

Dienstag, Dezember 23, 2008

Gebimmel



Im Puff ist heute Weihnachtsfeier,
jeder Wunsch wird hier erfüllt.
Das Standbild "Ungeleckter Freier"
wird um Mitternacht enthüllt.

Exotisch, erotisch, tabulos und geil,
die heilige Nacht wird noch wunderbar.
Verwunderte Seelen finden ihr Heil
beim Engeleinfick an der Cocktailbar.

Aus allen Öffnungen Honig und Milch,
aufgebockt stehen die Stuten.
Hier wird man vom Willy zum Superknilch
in wenigen Minuten.

Es klingen Glöckchen vom Karrussell,
müde Freier werden leise.
Nun ist bald Ruhe im Bordell,
als letzte verschwinden drei Weise.

Dienstag, Dezember 16, 2008

Die Bärin



Im Herbst pressierts die Bärin sehr,
schnell noch mal Geschlechtsverkehr.

Der Bär



Erst fraß der Bär den Bäckerladen,
dann ging er später lecker baden.

ot



Abends gibt es Lachersatz aufs Trostbrot,
mach dir keinen klaren kleinen Kopf.
Wir tragen das Schiff zum Überlaufen
und saufen die Meerengen leerer
Kassenschlangen trocken. Dock doch
die Rübe ab vom Rumpf am Tropf.

Schoki




Ich mag keine Schokolade, habe sie noch nie gemocht. Aber meine Freundin liebt sie und ich liebe meine Freundin. Als ich Kind war, standen auf meinem Gabentisch Gläser mit sauren Gurken, Silberzwiebeln und eine Tüte Sauerkraut. Doch dieses Jahr sollte alles anders werden zu Weihnachten, wir wollten süß feiern. Also habe ich mich sachkundig gemacht und mich dem Kakao, Grundlage jeder Schokolade, vom Ursprung her angenähert. Das Industrieerzeugnis, welches wir heute überall erstehen können, hat mit der eigentlichen Darreichungsform wenig gemein. Xocolatl war bei den Indios ein entweder heiß oder kalt genossenes Getränk aus zerstoßenen Bohnen (2 TL Kakaopulver), gewürzt mit Chili (1/2 fein gehackte Schote), Piment (1/2 Telöffel), Zimt (reichlich) und Vanille (1/2 ausgekratzte Stange), schaumig geschlagen. Ich machte einen Selbstversuch und kam fast zum gleichen Ergebnis wie der Italiener Benzoni 1575: „Sie (die Schokolade) schien eher ein Getränk für Schweine zu sein als für die Menschheit“. Aber mir war wenigstens warm und ich fühlte mich leicht euphorisiert. Weitere Selbstversuche führten mich in die Welt der Weine und unter dem Einfluss des folgenden Getränks kam ich auf eine Rezeptidee. 1 Liter (guter, nicht zu trockener) Rotwein, vorsichtig erwärmt, 4 TL Kakaopulver (ungezuckert), 1 Chilischote, fein gehackt und entkernt (oder nicht entkernt, wenn ihr hart drauf seid), etwas Zimt, Koriander und Kardamom. Honig nach Geschmack. Spätestens das zweite Glas schallert derart, dass man sich einen Tag Ruhe gönnen sollte, um folgendes Gericht zuzubereiten:

Wildschweingulasch mit bitterer Schokolade
Für 4 Portionen
75 g durchwachsener Speck
50 g Butterschmalz
1 Kg Wildschweingulasch
250 g Schalotten
Salz, Pfeffer
1 Prise gemahlene Nelken
350 ml trockener Rotwein
50 g Printen, ohne Schokolade
50 g bittere Schokolade
1/8 l Wildfond
250 g Steinpilze (ersatzweise braune Champignons)
Die Schalotten schälen und würfeln. Den Speck auch fein würfeln. Butterschmalz in einem Bräter erhitzen, den Speck darin anbraten. Gulasch portionsweise zugeben und kräftig anbraten. Die Schalotten zugeben und Farbe annehmen lassen. Mit Salz, Pfeffer und Nelken würzen.
Gulasch 10 Minuten schmoren. Wenn sich Röststoffe gebildet haben, nach und nach den Rotwein zugießen. 1 Stunde zugedeckt schmoren lassen.
Die Printen zerbröseln, die Schokolade grob hacken.
Beides zum Fleisch geben. Unter Rühren die Schoko schmelzen lassen. Mit dem Fond auffüllen und weitere 30 Minuten schmoren lassen.
Die Pilze putzen, in Scheiben schneiden und zugeben. Weitere 15 Minuten schmoren.
Dazu passen Spätzle oder ein kräftiges Bauernbaguette.

Auch hier sollte man vom allzu eifrigen Verzehr des Kochweins Abstand nehmen, ansonsten könnte der Nachtisch misslingen:

Schokosuppe mit Mango, Birne und Curry
Für 4 Portionen
100 g Vollmilchkuvertüre
125 g Zartbitter-Kuvertüre (60%)
100 ml Espresso
1 El Puderzucker
15 g Kakaopulver
½ - 1 Tl Currypulver
½ - 1 Tl Quatre-Epices-Gewürzmischung (besteht aus Zimt, Nelke, Pfeffer und Muskat)
1 Birne
6 El Zitronensaft
50 g Zucker
1 Mango
Currypulver und getrocknete Chiliflocken zum Bestreuen
Die Kuvertüren grob hacken. Mit dem Espresso, Puderzucker, Kakao, 200 ml heißes Wasser, Currypulver und der Gewürzmischung in eine Schale geben und über dem heißen Wasserbad schmelzen lassen.
Die Birne schälen (die Schale beiseite legen), vierteln und entkernen. Birne fein würfeln und mit 2 El Zitronensaft mischen. Zucker, restlichen Zitronensaft und Birnenschale mit 100 ml Wasser einmal aufkochen, von der Kochstelle nehmen und ca. 10 Minuten ziehen lassen. Durch ein Sieb geben, Birnenwürfel zugeben. Mango schälen, Fruchtfleisch vom Stein schneiden und würfeln. Zur Birne geben.
Schokosuppe und Mango-Birnen-Salat in getrennten Schalen anrichten und mit etwas Currypulver und Chiliflocken bestreuen.

Dazu reichlich Rotwein (Rezept s.o.). Ich liebe Schokolade und meine Freundin liebt mich. Da ist irgendwas im Kakao, das einem die Welt freundlicher erscheinen lässt, was, krieg ich schon noch raus. Auch wenn ich ein zunehmendes Problem habe: ich mag keine Diäten.

Darfur



Zu schwach, die Schatten zu tragen,
auf dem Marsch durch leere Viertel
singen Ketten Lieder vom Durst.
Dem Hunger sollte man Namen geben,
der im Schlamm am Ufer uns erwartet.

Auf Straßen aus Sand oder weglos
im Trüben, zu müde, mit Sternen
zu sprechen. Hund in der Sonne, das Kind
verglüht in der Zeit unter Sohlen
verbraucht sich die Ware. Gebieter ein Schemen
in Reihen aus Rücken, gebeugt, sie
peitschen sich ein auf gebrochene Knochen.

Da schweigen die Stimmen der Ahnen
beschämt, entwürdigt sich der Staub
als Schorf auf einer Wunde, frisst sich Gewürm
in Geister trommeln kein Lied mehr,
wir warten nur. So lasst uns keine Fragen,
wir wollen unbemerkt verschwinden.

Korallen




Zum Missfallen der Korallen
benedeien Feuerquallen.

Behelsmäßige Behausung



Gesichter in öligen Pfützen, auf Wänden,
mit Moosen bedeckt, Graffittoverziert.
Senden Nichts aus ein etwas
passiert, hier ist der Punkt. Vielleicht
gleicht es im Gleißen aus reißende
Sätze, ersetzt das Teil im Ganzen ein Stück
funkt die Führung, zurück
weicht ein Licht führt irre wirr tanzen
los zu keiner Zeit nicht bereit
halten Richter in Händen, verdeckt
ein Urteil von vielen: wem wann
und was warum zu Recht passiert.

packung



ich pflücke dich nicht weil du besonders bist
pflücke ich dich
küsse ich nicht weil ich dich liebe
küsse ich dich
töte ich nicht weil ich dich hasse
töte ich dich

Rheinische Rochen



Voll gesoffen torkelt der Rochen
heimwärts, an der Pforte zu pochen.
Mit schwerer Zunge hat er gesprochen:
"Isch hab mir, jlaub isch, dä Stachel jebrochen".
Dann hat sich der alte Knochen verkrochen,
vor seiner Holden, die vor Wut war am Kochen.

Dienstag, Dezember 09, 2008

Lieder



von Freiheit zerschmettert
klingt bloss aus
NotenperlenTod
im Klangkonzert
von vielen Stimmen eine
rührt stumm das Fell.

Regt keine Trommel auf
zum langen Marsch
durch stille Nacht
singt eine Stimme zu
bald klingen wieder
Lieder von Freiheit, zertreten

ad inf ad lib.

opfertest



mit einem messer ohne scharten,
scharf geschliffen und
geführt von ruhig-fester hand,
zieht rascher, tiefer schnitt
durch beide halsschlagadern,
luft- und speiseröhre bis zum
rückenmark, doch weiter nicht.

Freitag, Dezember 05, 2008

Wachteln



Man sieht zur Weihnachtszeit die Wachteln
ungelegte Eier spachteln.

Die Geldzauberin



In einem fernen Land, vor langen Zeiten,
da dachte eine Fee sich etwas aus.
Sie zählte, weil studiert, zu den Gescheiten.

So saß sie, rechnend, lange vor dem Haus.
Wär ich nur reich und nicht so knapp bei Kasse.
Es kam, beim grübeln, eine Formel raus.

Sie arrivierte, kannte nur noch Asse.
Der Trick: Verstecke deine Schulden gut,
verkauf sie an die Bauern, deren Masse

wächst stetig nach, befüllt dir einen Hut.
Mit Gold und Silber, nicht mit Derivaten,
die sind für Deppen, fasse deinen Mut

zusammen, denn am Horizonte warten
noch viele, reichlich mehr ist da noch drin.
Also beschloss sie, ein Wunder zu starten.

Herden von Tölpeln, mit gierigem Sinn,
sie führte sie vor, es wuchsen die Töpfe.
Ob ich Besitzer, ob Gläubiger bin?

Von überall her, die klügeren Köpfe,
denken noch nach. Doch ist Sie schon weiter:
wie man aus wertlosem Werte erschöpfe.

Donnerstag, Dezember 04, 2008

I. Paris




Für die schönste Zicke will ich voten,
werfe diese Kugel in den Ring.
Wadenpiercing, manikürte Pfoten,
Kette durchs Gehirn und sodann ein Branding
aus Geschmeide. Trockenpflaumending
blüht aus vorgeglühten Schoten.

Aus der Stadt der Liebe längst vertrieben,
bleibt im Treibsand etwas für die Schwachen.
Sing für die, die lauthals länger lachen.
Nicht genug für jene, die am Ufer wachen,
bin ich länger aufmerksam geblieben.

Mittwoch, November 26, 2008

Unverstand



Jede Äußerung kann gefährlich sein, Gegenrede hervorrufen oder, schlimmer noch, Zustimmung und dann ist nicht klar, wie die Folgehandlungen bewertet werden. Also zurück zum Anfang, zur Frage, wie etwas aufgenommen wird, was es bewirkt im Gegenüber und dann, in der Wechselwirkung, im Inneren. Ich enthalte mich lieber jeder Rede, dachte er bei sich, wenn ich spreche, lausche ich nur den anderen, wie sie mir sagen, was ich wäre, hörten sie von mir, was sie erwarten. Redegefahr, denken kann gar nichts, ich höre lieber nicht auf die Stimmen, die zu mir sprächen, wenn ich meine Ideen entwickelte. Gesprächsalarm, ich könnte verlieren in der Annäherung. Lieber direkt sein und nicht die Rückmeldungen abwarten im voraus ist auf keinen Gewinn zu hoffen. Sammeln und Vorsicht walten lassen im Dickicht aus Worten, die Bilder übermalen mit Deckweiß, nichts sollte mehr durchscheinen. Was denkt die Welt, ist das peinlich, ist die Wahrheit verletzlich? Wenn man nur wüßte, dachte er, wie durchzudringen auf die andere Seite, wo nicht das Verstehen zum Denken führt und das Ich immer nur Innen steht. Besser schweigen, den Geräuschen entfliehen und ist das lustig?

Sonntag, November 23, 2008

Hier draußen



Eine Bombenkraterfresse voll
geschmolzenen Bleis im Hagel
aus Sternen erfrorener Pfützen,
spiegelt Eiter, Rotz und Kotze
wider, in den aufgewühlten Gräben
steht Gespenst zur Ansicht auf dem Hügel.
Trompetenklänge blasen in die Nacht
wird Andacht geworfen aus dem Takt
geraten Variablen von zerstörten Größen
ins Harmoniegefüge ächzt Gebälk,
hört den Feind beim Wiederholen
der Versprechen sich Verbrecher.

Freitag, November 21, 2008

Lichtlein



Lichtlein

An der Eingangstür hängt ein Adventskranz aus Plastik mit einem umlaufend geschalteten Kreis von bunten Birnchen. Ich zähle mindestens sieben Farben, bevor mir geöffnet wird. Die Türglocke spielt "Jingle Bells", polyphon. Ich stehe vor einer Mischung aus Grinch und Rudolf, dem rotnasigen Rentier. Die Gestalt hält eine Flasche Glühwein in der rechten Hand und ein elektrisches Räuchermännchen in der anderen. Es riecht nach Sandelholz und alter Pisse. "Was iss'n"? lallt die Erscheinung. "Ich komme von der Firma Kalori und möchte die Heizung ablesen", ist meine Antwort. Wortlos macht der Rotgewandete den Weg in die Wohnung frei.
Im Flur stehen zwei Rentiergespanne, umfassend illuminiert. Überall Lametta und blinkende Weihnachtsbäume, aus verschiedenen Zimmern hämmern unterschiedliche Weihnachtslieder. Am lautesten ist Last Christmas. Es riecht nach gebrannten, nein eher nach verbrannten Mandeln und Wunderbäumchen mit Tannenduft, leicht unterlegt von Zimt, Koriander und Billigwein. Die Heizung im Flur ist zu heiß, um sie zu berühren. Ich tausche das Röhrchen und betrete den Stall von Bethlehem. Drei Lebensgrosse Krippen nehmen den größten Teil der Bodenfläche ein, darüber kreisen silberne Engel mit Hörnern und Trompeten. Die Fenster sind komplett behängt und zugestellt mit blinkenden Installationen. Während ich drei Tannenbäume vom Heizkörper entferne, drückt der Hausherr mir eine Tasse mit dem Aufdruck "Weihnachtsmarkt Herne, 1976" in die Hand. "Willsu auch ein'"? Der Boden ist bedeckt mit zerbröselten Lebkuchenherzen und Marzipan. Ich nehme das Gefäß und lasse es unter dem Rock der Maria verschwinden, die mir am nächsten steht.
Im Schlafzimmer liegt ein Paar im Bett und frohlockt, bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet von circa zweihundert Lichterketten. Eine größere Anzahl Räucherkegel macht das Atmen anstrengend, ich schlage mich durch eine Rotte lobpreisender Engel zur Rippe durch, lese ab und wanke in die Küche. Am Tisch sitzen mehrere Hirten vor Bechern voll einer undefinierbaren Flüssigkeit und drei Königsfiguren werfen mit Gold, Myrrhe und Weihrauch um sich. Der Heizkörper befindet sich hinter einer Esels- und Rinderherde.
Das Bad ist besetzt von einer Horde elektrifizierter Heilande, die in unregelmäßigen Abständen "Hosianna" ruft. Ich lasse mir von dem auf dem Klo stöhnenden Hausherrn den Ablesezettel unterschreiben und begebe mich zur nächsten Wohnung auf der Liste.

Eroberung des Schokolandes



Cortes sprach einst zu Montezuma,
Herrscher im Aztekenreich:
schneller bist du als ein Puma,
wie die Füchse bist du schlau.
Wodurch werd ich, sag doch du ma',
dir und deinen Göttern gleich?

Mein Geheimnis heißt Kakao,
viel davon, Vanilleschoten,
reichlich Chili, bißchen Zimt.
Heißes Wasser ist geboten,
soviel, bis die Mischung stimmt.
Alles kräftig schaumig schlagen,
stärkt den Geist und wärmt den Magen.

Kaum war Cortes dies Geheimnis bekannt,
nahm er das ganze Land zur Beute,
Gold und Gut, was er so fand.
Europa schämt sich dessen bis heute.

Dominator



Wenn dich die kleine Eiszeit kalt erwischt,
zieh deinem Wesen Wintersachen über.
Die trüben Tümpel sind längst leergefischt
und das Depot liegt brach. Es wächst kein Stüber

nach. Die Heizung frostet deinen Arsch und
auf dem Dach akkumuliert der Schnee sich
was das Zeug hält. Dir wehen aus dem Mund
Befehle. Die Zeiten scheinen eher lächerlich

zu sein. Behauptest du: bald wird es wärmer,
so glauben das die meisten Idioten.
Sie spenden reichlich, werden ärmer.

Droh du mit hunderttausenden von Toten,
man wird dir folgen, Schwarm der Schwärmer.
Du regelst das. Im Notfall mit Verboten.

Vorgefreut



Ich wollte als die Räuchermännchen riechen
von Tannen, buntere Lichtlein nie schauen,
voll Glut die Weine mir im Abenddunkel brauen,
dann erstmal Marzipan, umhüllt vom Griechen.

Wenn Sandelholz die Dufthoheit erlangte,
zu Abend gäbs kartoffligen Salat,
ein Rudolf ständ im Flure schon parat,
dann wär die Zeit, vor der mir immer bangte.

Ach, wär ich froh, wenn dieses Fest vorbei.
Ein roter Sack mit einer alten Rübe,
erbricht sich vollgesoffen über meinem Klo.

Gar laut und schrecklich tönte sein Bohei,
ich liefe voll der hormonellen Schübe,
verbrächte wohl lieber das nächste Fest im Zoo.

Antreten



Eisern entschlossen, die Wut aus der Seele zu saufen,
zeugten wir einen Alptraum aus Schlamm.
Bespritzt mit einem Zuckerguss von Zorn und Angst davor,
wie es fast geworden wäre. Verlaufen, dachten wir uns
einander aus dem Weg, in dem wir uns verfahren.
Lachten über Räder, die sich in die Matsche fraßen
und drehten durch wie tolle Kinder im Garten
wuchs uns Grauen heran, waren wir nicht
selber machten wir das Geschehen, vor einer Flucht ,
die möglich schien und rauchten Schrecken in den Hals.

Du gegen du



Wenn du in frühes Grab marschierst,
hast du Geschäfte schlecht gemacht
im Feuertanz, du blöder Hund im Kampf
zwischen du bist gut und du bist böse.

Du hast dem Schatten den Glanz geraubt,
nun konzentriere dich darauf, zu töten,
was tief in dir verborgen ist will in die Welt
aus Tönen, Bildern, tanze mit dem Wolf.

Tropfe aus den Wolken Tau auf deine Haut
verbrennt sich an sich selbst, lässt keinen Rat
im Zweifel ist Natur im Restgebiet und fliehe du
weiter in die Schlacht mit dir hinaus ist Zeit dafür,
den König zu stürzen vom ewigen Thron
und schiebe dir den Gral in den heiligen Arsch.

zügellos



in die fülle fassen leere hände
krallen aus klauen gefallen
finden einen anderen
nebel unter den schritten
brechen dornen reißen reden
über pflaster häute tiefer
felsen fest geworfen eine welt
rastet ein und aus ins freie
wagend taste schreite weiter
schlage haken taub in wende

Verfahren



Durch die Maschen gestürmt,
über den Rand gesprungen,
die Schüssel bleibt leer.
So wettet keiner mit Verstand,
wieder wortlos gestrandet.
Auf der hohen Kante
verliert sich die Grenze
zwischen gescheit und gescheitert.

Donnerstag, November 20, 2008

Mindestens das Maximum



Mit Spektakel platzen Blasen,
Taler schimmern, schwinden, wandern.
Banker werden blass um Nasen,
Nerven flattern, Pulse rasen,
kurz Gewinne bei den andern.

Steig in ungeahnte Höhn,
vorwärts, Kurs, in neue Welten.
Trotz den Stürmen, quere Böen,
explodier, das wäre schön.
Geld macht Geld macht Geld macht gelten.

Nichts gewinnen statt verlieren,
Defizit sozialverträglich.
Muss man, dieses zu kapieren,
Bullengleich auf Bären stieren?
Das Theater öffnet täglich.

Freitag, Oktober 31, 2008

unbenannte




alte weiber haben dicke titten
vollgespritzt mit jeder menge komm
jetzt schwanzverlängert in das angebot
steht nur begrenzt ein Loch geöffnet
zur verfügung stürzen falten ineinander
wachsen schwach erinnerliche ständer
runzeln ihre dicken klöten flöten
mitten zwischen chice kalte leiber

Nur



wir schieben unsre Schatten durch die Nacht
hinauf ins auf geht es Vor, Seit, Doppelschritt,
Zurück in deine Augen leuchten wie noch nie
hat uns ein Rhythmus nah gebracht
Zurück, Vor, Seit, Doppelschritt und Drehung
um die Achse finden wir im Klang
von innen in die Knie, Rücken gerade
noch gebeugt unter den Lichtern
am Himmel flackern Farben anders
finden wir uns schwebend in der Welt
aus jetzt ändert sich das Tempo immer
weiter schieben Schatten durch die Nacht.

Donnerstag, Oktober 30, 2008

Ort der Bewahrung (photo by Ry)



Blasser werden Bilder mit der Zeit
erstehen Schatten aus Vergangenheit
wirft Haken in die Gegenwart aus
Zukunft rückwärts liest sich negativ
verbleicht der Einband der Geschichten
richten sich nach dem Erzähler
fällt noch etwas kaum mehr ein
zu sich gefunden hat er nichts erreicht.

Glotz



Selbstverletzendes Verhalten
findet manche/r attraktiver,
will sich dadurch frei entfalten,
runter geht es stetig. Tiefer

unten gibt es Endorphine,
kratzt man heftig an der Rinde.
Süchtig sucht Adrenaline,
wer sie misst. Dass er/sie finde,

diese Stoffe, die schon immer
Boten waren zwischen Welten,
wirken wohlig im Geflimmer,
welches Weise Schwachsinn schelten.

Sonntag, Oktober 26, 2008

ohne aussicht



siedeln wölfe in träumen
von sterbenden wäldern
wallt ozon um stürzende steine
sind weltweit gefangen
aus der umweltzone
entkommt kein opfer
scheint unvermeidlich
gerecht zu sein
dem untergang
geweiht

German by nature



Runter in die Werkzeugkammer
kroch der Thor, um seinen Hammer
zu entrosten und polieren
wollt er ihn. Auf allen vieren
hat ihn Odin angetroffen.
"Na, mal wieder Met gesoffen
gestern abend, auf dem Rasen
mit den Elfen und den Asen"?

"Ragnarök, du Alberich,
mit Walküren sprech ich nich.
Wotan frija fullo hagen
gautaz fafnir Kriemhilds Blagen
ermunazen Parzival.
Halt die Fresse, noch einmal
sage ich dir Yggdrasil:
Midgard lasse aus dem Spiel".

Bei Walhalla, jenes Thing
schwer in die Behosung ging.
Fäuste flogen, Schwerter krachten,
Nornen stoben, grimmig lachten
da die alten Schrumpfgermanen:
Fort mit dir zu deinen Ahnen.
Nichts ist von ihnen geblieben
als Opern, von Wagner geschrieben.

Wachtsumsprognosen



fliehen wir auf
im heimlichen
kuckuck überlassen wir
überfahrenen seen
aus brötchen mit scheingeld
ziehen wir uns auf
gebraucht für kleine welt
als kleines geld

könntest du



könntest du
im widerspruch verstehen
dass im freund ein feind sich öffnet
schleusen laufen aus dem ruder
anders über ufer ohne rand

Black magic woman



Er kam aus den Bergen hinab in die Stadt,
die tönte verlockend mit ihrem Versprechen.
Den Hunger, das Elend hatte er satt,
wer will, der wendet selbst sein Blatt.
Hier träumt man vom großen Verbrechen.

Sein erster Job war es, Teller zu spülen,
dann hieß man ihn Automobile polieren,
des Abends in den Gedärmen zu wühlen,
er wurde härter, frei von Gefühlen.
Dem Hungrigen kann nichts weiter passieren.

Von seinem kärglichen Monatsgehalt
(das wurde noch üppig besteuert)
ersparte er sich ziemlich bald
den Traum aller Freunde der Gewalt:
die Waffe, die pausenlos feuert.

So schuf er den Freiraum auf dem Weg
zum Reichtum und zum Glück sich.
Es durfte kein Dealer mehr ohne Beleg
noch handeln, über jeden Steg
liefen Pferdchen für ihn. Und jeder Stich

ging an ihn. Er wurde politisch gewählt,
zum Herrscher, geadelt und mächtig.
Schon war er der Allerschönsten vermählt,
sie saß im Palast und hat Gelder gezählt.
Die Zukunft leuchtete prächtig.

Doch wie es im Leben öfter ergeht
den Bessergestellten im Lichte,
es hat die Liebste ihn verschmäht,
die Wahrheit hat ihn niedergemäht.
Er kam vor finale Gerichte.

Alberto Albano, Tyrann von Tirana,
ging aufrecht einen letzten Gang.
Am Wegrand stand lächelnd seine Jana,
pfiff einen Song vom alten Santana.
Sein Hals wurde länger am Strang.

Rundum




Ich habe zu dem Thema alles schon gesagt
hast du mir nichts, was ich verstanden hätte
ich doch eher nachgefragt wie du
gibst mir den Zug die Zigarette
glüht aus dem letzten Loch brennt
durch die Schale scheint ein Licht
geht auf und wieder abwärts strömt
bemüh dich doch nicht weiter, rette mich
vor Säure brennt mir Weh! Es tagt.

Samstag, Oktober 18, 2008

unbesichert



begriffen im freien verfall
die lämmer gerissen
auf hörner gespießt
von krallen zerfetzt
gleich gültig ausgezählt
sind pleiten gesät
zu wörtern aus staub
nur schatten gegessen
als opfer das eigene
verschulden gebaut

Donnerstag, Oktober 16, 2008

Morgen danach



Herrjeh, wie sieht es hier denn aus
und wer hat das getan?
Überall sind leere Flaschen und der Aschen=
becher brechend voll.
Na toll, da muss ich wohl noch ran,
vorher eine Aspirin,
ich hoffe, die bleibt drin und sonst
noch ein Problem?
Es ist schon schwer genug, zu stehn.
Mal sehn: zehn Flaschen Bier
und eine Bag in Box, fünf Liter Wein.
Das kann nicht sein,
war ich denn gestern nicht allein
zu Haus? Was stinkt der Bau,
ich muss zur Arbeit, hackeblau,
doch eines schwör ich fest:
heut abend trinke ich den Rest
auch noch aus.

Dienstag, Oktober 14, 2008

viel mehr



noch unbesagt im hauch
begegnet meine waffe öffnet deine
wunden du zuerst ich zeig
dir geister aus verlegenheit

bleibt nichts zu sagen ist es
an der zeit hat keiner fehler findet
jeder fühlt sich noch bereit gemacht
im ansturm fragt man lieber nach

uns folgen trübe tage ziehen sich
durch stunden leiden wir minuten in
sekundenlange einsamkeiten aus
der welt gedacht ein doch.

Freitag, Oktober 10, 2008

Besuch



Hallo, wie schön, komm rein
und setz dich. Lange nicht gesehen,
willst du Kaffee oder Tee?
Wie ist es dir ergangen in den Jahren?
Gut siehst du aus.
Was macht der Job? Ja, ja, die Kinder
sind schon groß und
fast aus dem Haus. Was macht dein Mann,
schlägt er euch noch?
Wie schnell die Zeit vergeht beim Plaudern,
ich hätte hier Likör,
vom Guten, nicht Chantre. Du musst schon
wieder gehen? Schade,
ruf mich doch an, wir essen dann zusammen.
Und bitte grüß Andre.

Wenn ich eine Frau wär


würde ich mich wehren gegen die Kultur
die mir Würde nur gestattet in Begleitung
und bedeckt von Kopf bis Fuß. Ich wäre
schwer empört, doch scheinen meine Schwestern
davon nicht berührt. Ich würde auf mein Kopftuch
kotzen, arabeske Muster, bunt verraten
und wer schließt mir den Mund? Meine Brüder
finden Hilfe bei dem Staat, der immer da ist,
geht es um den Beistand für die Schwachen,
sei gedankt, dass ich keine Frau wär.