Freitag, November 30, 2007

Zugrunde filetiert



Dieses Land fährt vor die Hunde,
von Comedians dilettiert.
Tief im Aktienvernichter
wird man sauber ausrasiert.

Zinseszinsversteher werben:
Gebt, was euch zusammenhält.
Contrapheten tönen fröhlich:
Sterben kostet nicht die Welt.

Männer mit steinernen Eiern
marschieren im stechenden Schritt.
Beim Feiern sind wir die Meister
und ich mach diesen Blödsinn mit.

Donnerstag, November 22, 2007

Kurzhoerig



Deine Fragen lagen schwer auf meinen Ohren,
ich hielt den kurzen Atem an und wurde blau.
Zu Traum vergoren bohrten wir uns ineinander,
ein jeder schlief am andren Selbst sich frei.
Vorbei am taumelnden Gesauge leerer Zellen
schlug uns der Ablauf laue Fragen ins Gesicht.
Im Morgenschnellen mich ins Hohle zu verfliegen,
gelang mir nicht. Rumorverlustig fiel in Folge das,
was wir uns nicht besprochen hatten, in die Schatten.

Mittwoch, November 21, 2007

Salzgesetz



Um den durch die Erschöpfung der Salzbergwerke zu erwartenden gesundheitlichen Problemen entgegenzuwirken und den Volkskörper leistungsfähig zu erhalten, ergeht die Verordnung des salinen Ministeriums, dass ab sofort Blut, Schweiß und Tränen bei den staatlichen Sammelstellen abzuliefern sind.

Alt



Du merkst, dass du alt wirst, wenn der einzige, der dich noch duzt, der neue Ikeaprospekt ist.

Job description



Sie sind jung, ungebunden, begeisterungsfähig, loyal, Stressresistent und ein zuverlässiger Teamplayer. Sie verfügen über eine hervorragende Allgemeinbildung und sprechen mindestens zwei Fremdsprachen fließend, verfügen zudem über Grundkenntnisse der türkischen Sprache (können erworben werden). Sie haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium in den Fächern Metallurgie, Wirtschaft oder Sozialpädagogik, alternativ eine Ausbildung zum Polizeibeamten oder waren/sind selbstständige(r) Geschäftsmann/frau.
Es erwartet sie ein krisensicherer Arbeitsplatz in einem florierenden Segment. Ihre Aufstiegschancen sowie die Bezahlung (Grundgehalt plus Provision) sind überdurchschnittlich. Sie arbeiten in Gruppen, die Arbeitszeit ist flexibel, ihr Einsatzgebiet überregional.
Ihre Aufgabe besteht darin, dem "Gesetz zum Einzug von Wertstoffen aus den Bereichen Edelmetalle, Juwelen sowie Halbedelsteinen" zur Durchsetzung zu verhelfen. Wir bilden sie dafür in den neuesten Techniken des Abhörens, Beschattens und Aufspürens aus. Sie arbeiten mit den modernsten Metall- und Edelsteinsuchgeräten. Schusssichere Arbeitskleidung und Dienstwaffe werden gestellt.
Aussagekräftige Bewerbungen mit Lebenslauf, Lichtbild und Gehaltsvorstellung bitte an das "Ministerium zur Sicherung der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung", Abteilung Umverteilung.

Dienstag, November 20, 2007

Unterboden



Ich komme aus dem Land,
in dem das Böse einen Namen bekam,
damit man es verbieten konnte.
Mit einem Handbegriff haben wir Engeln
die Flügel ausgetrieben.
Auf den Hügeln wuchern Wachttürme
mit Ruinen um die Wette.
Uns blieben nur noch Stummel,
die Umrisse auszumalen
der Grenzen, die wir um uns zerrten.
Am Rande der Gründe
schelten wir die Mahner aus
der Gemeinschaft, die immer schon
Waffen zu Worten geschmiedet hat.

Bubo Bubo



Vor Sorge wird der Uhu krank,
der Winter naht und er ist blank.
Ihn quält seit Tagen leerer Magen
doch laut Gesetz darf er nicht jagen.
Denn Igel, Frischling, Kröterich,
stehn unter Schutz, die soll er nich.

Hat sich die Hacken abgeflogen,
wo ist der Aufschwung? Nur gelogen!
So muss er über Märkte wimmeln
und sein Gefieder dort verbimmeln.
Zum Monatsende glänzt er kahl,
das ist jetzt aber auch egal.

Sonntag, November 18, 2007

Bewirtschaftung



Der Eule auf dem kahlen Ast
erscheint es nicht geheuer,
wie Wirtschaft heute funktioniert.
Selbst Mäuse werden teuer.

Dem armen Tier ist schleierhaft,
was es global tangierte.
Ihm mangelt es am Sachverstand
wer es so abkassierte.

So tritt es in den Käuferstreik
und knurrt zu sehr der Magen
dann fährt es seine Krallen aus,
fliegt selber wieder jagen.

Donnerstag, November 15, 2007

In der Fabrik




Schwitzend stehen sie an den Geräten, legen Hebel um, prüfen Temperatur und Materialfluss, ziehen Schrauben nach, schauen auf Bildschirme. Ein betäubender Lärm erfüllt die Halle, alle Arbeiter tragen Ohrschützer, große, orangefarbene Aufsätze. Schutzbrillen, Hand- und Sicherheitsschuhe vervollständigen die Ausrüstung. Kommunikation erfolgt über Gesten, wichtige Meldungen per Email.
Für das körperliche Wohlergehen der Arbeiter ist vorbildlich gesorgt. Das Mittagessen in der Kantine ist kalorienarm, mit schonend gedämpftem Gemüse und auf den Punkt gekochten Sättigungsbeilagen. Dem seelischen Befinden wird durch Yogakurse und Wellness-Wochenenden Rechnung getragen. Die Teilnahme ist kostenfrei, aber verbindlich.
Wer hier arbeitet, hat sein Auskommen und freut sich über eine krisenfeste Anstellung. Es gibt noch so viel zu tun, ständig kommen neue Aufgaben hinzu: die Entwerter an den Geldvernichtungsmaschinen blicken hoffnungsvoll in die Zukunft.

Mittwoch, November 14, 2007

Grellgrau



Zieh deiner zarten Dichterseele
den dicken Winterpulli an.
In harten Zeiten, Kamerad,
bist du zu weich.
Das Reiche zerfällt,
und viele verkommen
auf dem Weg ins Zentrum
der Schieflage.
Bohr dein Willkommen
in dünne Bretter, Kamerad,
oder schreib es auf Pappe.
Es kommt ein anderes Wetter.

Für irgendwas gut




Auf der hohen Kante habe ich
dein Lächeln eingetauscht
gegen etwas nützliches.
Meine Gefühle wurden dir
direkt vom Herzen abgezogen.
Tageszinsen gab es nicht.

Oh, ihr glücklichen Kunden,
billig im Preis nur heute und hier
zu finden im Angebot,
solange der Vorrat reicht.
Zugeschlagen, ihr frohen Abnehmer,
bevorzugt seid ihr vom Geschick.
Reife Werte, Zinsfrei kreditiert.

Inmitten der Sparzone haben wir
uns lachend den Mund abgeknapst,
baten um jeweiliges Verständnis
für die Unannehmlichkeiten.

Und jetzt kommst du.

Montag, November 12, 2007

Desokzidentiert



Das Denken hat Korken,
es trübt den Geschmack
von brennenden Synapsen.
Fackeln lodern an Nervenenden
in den erreichten Zellen.
Erregungsübertragung garantiert.
Im Kontaktstellengebiet
wird Soma verteilt.
Wir schreien ins Reine,
wahre Wilde der Herzen,
geschmiedet im Strom,
in Wallung erhitzt:
wir sind der Welt
räudige Hunde.

Freitag, November 09, 2007

Belesen



Ich möchte mich an tausend Seiten ohne Sinn besaufen,
selbst wenn ich wieder mal die letzte Zeile laut verfluch.
Dann muss ich mir den nächsten Titel wohl im Laden kaufen,
ich kann nicht sterben mit ihm und nicht leben ohne Buch.

Ich giere drauf, dass durch die Sinne frisch die Silben kriechen,
direkt ins Zentrum meiner trifokalen Lesesucht.
Ich kann sie mit geschlossnen Augen auch im Dunklen riechen,
und werfe mich als Leser gern in folgenreiche Schlucht.

Feuersalamander



Als stur bekannt, von alters her, sind Feuersalamander.
Sie brennen nicht, egal wie sehr man reibt sie aneinander.

Mangelnde Inkompetenz



Immer auf der eigenen Vorhut,
der Asche verfallen im Nachzug,
Steine auf die Äcker getragen
und dort Schatten gepflanzt.
Du wolltest eine Lanze erbrechen,
der Freiheit verhelfen zur Pflicht
mit Schultern, breit genug für die Welt.
Du hast Gefühle in Stahl gezwungen,
Worte gehärtet im Scheiterhaufen
verprasster Gelegenheiten.
Jetzt lieferst du nur noch Tinte
für andere.

Schwester Nacht



Der Mond streut Lichter vor die Füße
und auf den Feldern dämmern Schafe.
Die Sternenhaufen funkeln Grüße,
es rüstet sich die Welt zum Schlafe.

Ein letztes Aufbegehren, noch
glimmt Schimmer wohlig mild
im Blick zurück. Doch Tagesmüh
besiegt sie sanft, die Nacht.
Entführt dich in ihr Reich,
zum Glück.

Ausfertigung



Als ich den Plan los ließ,
riss er an der Sollfalzstelle.
Quer durch das Feindbild
fehlte es an Übersichtlichkeit.
Der Zeit zu entkommen
konnte ich hier nicht wagen,
verfahren schien der Weg.
Nach vorne führte die Strasse
gerade aus dem laufen lassen.

Leerer Hut



Er stand seit Stunden an der gleichen Stelle. Nicht einmal eine Zigarette konnte er sich drehen im Nieselregen, der vor Tagen begonnen hatte. Kalt war ihm, die Kälte kroch langsam nach innen und er wusste, dass er nicht mehr lange aushalten konnte. Seine Blase machte ihm Sorgen, doch noch hielt er durch. Weggehen, den Platz aufgeben, kam nicht in Frage, auch wenn er keinen besonders günstigen Standort hatte, zu nah an der Strasse und dem brausenden Durchgangsverkehr.
Die guten Stellen unter den Bäumen waren belegt, die Konkurrenz schlief nicht, manche kamen schon in der Nacht, um die besten Plätze zu besetzen. Gestern hatte er vor dem Rathaus gestanden, in den eiskalten Fallwinden des neugotischen Turms, voll Hoffnung auf fröhliche Hochzeitsgesellschaften. Menschen mit gehobener Laune waren oft spendabler, aber gestern lief der Tag nicht gut. Eigentlich wie all die Tage zuvor. "Warum mache ich das"?, fragte er sich oft, "Warum gebe ich nicht auf und werde vernünftig? Noch ist es nicht zu spät, das Ruder herumzureißen, den Kurs festzulegen auf die eingefahrenen Routen, der Masse zu folgen".
Aber er fühlte, dass ihm das nicht gegeben war, mochte er noch so wollen. Seine Bestimmung lag darin, zu grübeln und zu träumen. Selbst wenn es ihm nichts einbrachte, würde er am nächsten Tag wieder auf dem Marktplatz oder in der Einkaufsstraße stehen, um unter den kritischen Blicken der Passanten lauthals seine Gedichte vorzutragen.

Freitag, November 02, 2007

Herbstlektüre



Meine Liebe bringt mir Blätter von der Strasse,
die leuchten in einem anderen gelb und rot.
Zu lesen darauf erstaunenswertes aus der Welt
der braunen Eicheln, der glänzenden Kastanien
und von den Träumen der Regenwürmer,
die das Lied der endlos grauen Wolke singen,
gespiegelt in der größten Pfütze der Welt.
Komm, meine Liebe, komm, stecken wir die Nasen
in Dinge, die uns etwas angehen. So viele Blätter,
die noch ungelesen sind.

Unbenannt



Wortreich ertragen, die Plagen der Sinne,
vorwärts getrieben von endlosem Durst.
Nichts ist geblieben als Rückkehr der Fragen,
Hanswurst, beschrieben von eigener Hand.

Kehre dem Spiel auf dem Markte den Rücken,
alles kann glücken und alles vergehn.
Antwort in Büchern der Sagen zu finden
bleibt dir verboten durch deinen Verstand.

Treiben



Wir sollten mal wieder,
das macht man doch so.
Wir haben einst oft,
und waren dann froh.
Es soll auch gesund sein,
vor Freude leicht nass.
Jetzt lass es uns tun,
denn Baden macht Spass.

Ort der Unterwerfung (Büttenrede)



Mit Kölschem Zungenschlag zu lesen

Man will wohl in Köln-Ehrenfeld
ein Denkmal bauen, das gefällt
nicht jedem da. Und wie man sieht,
ist das, was vielerorts geschieht,
nicht so nach des Volkes Wille.
Multikulti heisst die Brille,
auf die man setzt und dann erklärt:
fliegend untern Teppich gekehrt.

Zwei Minaretts tun keinem weh,
wir pflanzen noch ne Grossmoschee.
Einen Garten voller Trauben,
der Kalif lässt euch dran glauben.
Beim Fastelavond wird es wahr,
die Domstadt singt Allah akbar?
Tünnes und Schäl warn auch schon da,
mit Werbung für die Scharia.

Dies hat dem Prophet nichts genützt:
unter dem Schleier wird gebützt.
Weiter tönts beim Karneval:
Kölle alaaf! Ncht Kölle helal!

Zukunftslos



Pastor in der Priester-Robe
macht schon früh die Riester-Probe.
Kann er sich, in späten Jahren,
auf dem Feld das jäten sparen?
Das Ergebnis: Schauer-denken,
kann ihm keine Dauer schenken.
Führt der Rente breite Lücke
hin zur arme-Leite Brücke.