Freitag, Dezember 28, 2007

Passagen



Zwischen den Zahlen Gefallen
gefunden am großen Nagen,
in nächstenverliebter Ekstase
alle Zähne abgewetzt bis auf die
tiefste Sohle, die Krone aufgetragen,
dass sich die Balken bogen
in den Augen der Puppen.
Flügel aus Beton sind nützlich
auf dem Weg nach unten.

Donnerstag, Dezember 27, 2007

Selbstverbrennungsmotor



Unter einem Himmel brennender Arschgeigen
trieben wir uns gegenseitig Sterne ab,
Wände aus Schränken zwischen uns
gedrängt. "Du weißt auch nie, was ich will",
verschwiegen in Morgenkaffebechern,
während der Zucker überfror.

Abends gemeinsame Selbstverbrennung
mit angefuselter Entkettung, tote Pferde
bis aufs Blut gepeitscht, Eigenbastelhölle
in zeitloser Warteschleife.
Wir trugen einander Schuld in Kübeln
auf den Schultern. Unterwegs zur Entsorgung
formlos geprägte Gerippe vergossen,
den Eingang zur Anstalt gemacht.

Mittwoch, Dezember 26, 2007

Alternder Kritiker



Ich bin so fürchterlich gelangweilt immerzu,
ach, wäre ich doch ignorant geblieben,
es ist so vieles so viel bunter in naiv.
Stattdessen hab ich Studien betrieben.

Daher weiß ich alles immer schon genau,
das meiste davon leider auch noch besser.
Die Welt scheint mir bloß leeres, blasses Grauen,
ich kann nicht mehr mit kleinen Klötzchen bauen,
seziere haargenau mit scharfem Messer.

Tristesse, Stumpfsinn, Einerlei scheint mir
das, was ich les, gering nur von Gewicht.
Ich hoff indes, man merkt es nicht, dass ich
genauso öde bin wie dies Gedicht.

Samstag, Dezember 22, 2007

Wolfshüter



Den Zimmermännern sind schon längst die Nägel ausgegangen,
zu viel stand auf dem Spielplan der verstrichenen Saison.
Befangen, wie sie sind, erklären sich die höchsten Richter,
die fremden Blumen sterben ab nach eigener Facon.

Das Rudel söffe sich so gerne blind in wilden Blutrausch,
an Opferlämmern, willig, fände es im Pferch genug.
Im Tausch stellt der Vereinsvorstand, zur Wahrung seiner Pfründe,
sich selber bloß. Und feiert sein Gelingen im Betrug.

Donnerstag, Dezember 20, 2007

Vorstellig



Man führt sich selber vor an kurzer Leine,
freundlich, sauber, nett und grade frisch rasiert.
Gibt höflich Antwort auf gestellte Fragen
und fragt sich, ob das irgendeinen hier wohl intressiert.

Von irgendwo drängt sich mit Macht ins Hirn die Phantasie:
wie säh der Laden aus, zerlegt, zerhackt in kleine Stücke,
das arrogante Grinsen eines Gegenüber ausgeschnitten
und die alberne Frisur skalpiert. Drapiert mit Eingeweiden
tropft vom Schreibtisch das warme Blut des Anderen
in leere Augenhöhlen...

"Ihr Antrag wurde negativ beschieden,
die Frist zum Widerspruch ist abgelaufen."
Beschieden und besiegt geht man aus der Tür,
um draußen wieder nur das eigne Haar zu raufen.

Dienstag, Dezember 18, 2007

Von Dorf zu Dorf (altes türkisches Hirtenlied)



Im Frühjahr treib ich meine Dönerherde auf die grünen Almen,
wenn unten in den Tälern gelbe, frühe Fladenbrote blühn.

Ach Mutter, ach Mutter, mein Herz ist ein verrückter Narr,
betrunken von Liebe, abends am Brunnen traf mich ihr Blick.

Ihr schwarzes Auge glänzet in den Träumen gleich Oliven
unter der Sichel des halben, golden erscheinenden Monds.

Betrunken von Liebe, ach Mutter, abends am Brunnen.
Verrückter Narr ist mein Herz, ach Mutter, mich traf ihr Blick.

Was sollen mir weiße, endlos erströmende Ayranquellen?
Mit ihr nur bunten Salat, gemischt, vom Strauche gepflückt.

Ach Herz, meine Mutter, ein betrunkener Narr, ach Mutter,
verrückt vor Liebe, abends am Brunnen getroffen vom Blick.

Es graut die Nacht, die Herde ruht sicher in finsterer Klamm.
Wir sitzen eng, rot glüht das Feuer und sie macht lecker Köfte.

Jemandsland



Ich werde meine Schulden später mit dem Geld begleichen,
das man auf Leichenhäute druckt im fernen Paradies.
Wo sich Genies bekümmern um die letzte Frage.

Dann suche ich Erdulden da, wo andre nicht einmal
den Schmutz mit Füßen treten. Und handele geduckt
im Plastiktütenhimmel fremd als Plage.

Sonntag, Dezember 16, 2007

Reproduktionsanlage



Noch halten Klammern fest die Stellen,
an denen Farbe in der Fahne war, egal,
es scheint jetzt richtiger, zu folgen.

Ein altes Brot taugt für die Tonne,
wie ließen sich die grossen Bilder übersehn?
Auf kleinstem Hass geköchelte Verachtung
für Schmerzen, angetäuscht in falschem Sein.

In halben Sätzen, punktgenau geliefert,
die sich seit Jahren in der Kehle stauen,
streichen sich die Segel aus dem Wind.

Blindverkostung



Sieben Stücke ruhn auf Platten,
gleich im Schnitt proportioniert.
Drapiert sind Gabeln, Porzellanen,
von den Ahnen gut verwahrt.

Der erste Bissen ist entscheidend,
krümelndes Stauben im Abgang verliert.
Schlimmer noch ist Fertigpackung.
Doch von Mama schmeckt es immer.

Verspielt



Ich jagte rückwärts, mit verhängten Fenstern,
durch eine aus der Zeit versetzte Nacht.
Mein Haus, erbaut aus lauter blanken Karten,
das dauerhaft als sicheres System erdacht,
zerbrannte sich zu erdelosem Garten.

Ich hab mir leere Hände ausgeteilt,
gespalten in den Ohren die Geschwätze.
Mehrfach an die Bank gezahlt mein Unvermögen.
Und spielte auf, im Glauben an Gesetze,
saitenlosen Geigen ohne Bögen.

Durch



Zum klaren Takte geschlagener Trommeln,
vertrieben wir uns wild in die Nacht.
Die weißen Flecken auf gespannter Haut
erwarteten entdeckende Erforschung.
Wir hatten eine Ahnung von den Freuden
der ungelöschten Feuer.
Nachts lagen wir nackt im Mondlicht,
um bleicher zu werden,
folgten den Bahnen der jungen Planeten,
auf kurzem Umweg zu uns selbst.

Heiter und besinnlich



Es liegt auf dem Esstisch die festliche Decke,
von Oma voll Liebe einst ornamentiert.
Ein Bäumchen im Topfe strömt würzigen Duft aus,
die Krippe, ein Erbstück, erstrahlt in der Ecke
und tropffreie Kerzlein beleuchten das Haus.

Gar lieblich lobpreisen die himmlischen Heere,
der Braten ist heuer köstlich geraten.
In Vaters Gesicht ist ein Lächeln geronnen,
den Kindern werden die Äuglein ganz schwere.
Zum Würzen hat Mutter Curare genommen.

Freitag, Dezember 07, 2007

Tannenspitzengluehn



Auch ich will wie die Räuchermännchen stinken,
an Tannen bunter die Lichtlein schauen,
Glühwein mir in Morgenfrühe brauen,
dann erstmal Marzipan, umhüllt von Schinken.

Wenn Sandelholz die Dufthoheit erlangte,
zu Mittag gibts kartoffligen Salat,
ein Rudolf steht im Flure schon parat,
dann ist die Zeit, vor der mir immer bangte.

Ach, bin ich froh, wenn dieses Fest vorbei.
Ein alter Sack mit einer roten Rübe
hängt vollgesoffen bei mir auf dem Klo.

Gar laut und schrecklich tönet sein Bohei,
ich laufe voller hormoneller Schübe,
verbringe wohl das nächste Fest im Zoo.

Fertigpackung



Die Stadt schmückt ihre niedere Gesinnung
mit einem feinen Netz aus festlich buntem Licht.
Damit es klar ist, was in Bälde blüht,
wenn Glanz zu Dunkelheit zerbricht.

Die Form steht fest, nur ist sie ohne Inhalt.
Im Duft der Farben mag es wohl gelingen,
den bloßen Anschein zu verwahren.
Doch Abscheu lässt sich nicht bezwingen.

Beginn



Daraus geworden, um zu sein -
es ist ein Element der Welt,
entfaltet in der Brandung.
Gewogenheit zerläuft
zu rieselnder
Verlandung.
Und mitgerissen ist der Strom,
verdunstend im Gewaber,
das leise wieder niederfällt.
Der Kreislauf kennt kein Aber.

Wenn Otter zu sehr dichten




Karl Otter, wohnhaft in Ilmenau,
war immer nett zu seiner Frau.
Jeden Mittag gab es frisch
fünf Forellen auf den Tisch.
Nur eines lag ihm schwer im Magen,
er konnte ihr nichts Liebes sagen.
Wie er sich mühte, begann jeder Satz:
"G..G..liebter Sch..Sch..atz".
Er dachte sich, so geht das nicht,
also schrieb er dies Gedicht:

Ich mag an meiner Alten
das graue Fell, die feinen Falten
und ihren kleinen Bauch,
den mag ich auch.

Verärgert verließ ihn die Otterfrau,
jetzt sitzt er alleine in seinem Bau.

Alternatives Happy End:
Wie die Otterfau sich freute!
Glücklich sind die zwei noch heute.

Brennender Bausparvertrag



Öffnet die Wehre, ein Feind naht,
flutet das Vorland der Keller.
Bangt um die Zukunft der Banken,
das Blut aus den Stümpfen strömt schneller.

Flieht aus der Stadt, wenn ihr Geld braucht.
Wir schießen die Spatzen schon ab.
Ihr seid auf den Dächern willkommen,
der Platz auf den Deichen wird knapp.

Freitag, November 30, 2007

Zugrunde filetiert



Dieses Land fährt vor die Hunde,
von Comedians dilettiert.
Tief im Aktienvernichter
wird man sauber ausrasiert.

Zinseszinsversteher werben:
Gebt, was euch zusammenhält.
Contrapheten tönen fröhlich:
Sterben kostet nicht die Welt.

Männer mit steinernen Eiern
marschieren im stechenden Schritt.
Beim Feiern sind wir die Meister
und ich mach diesen Blödsinn mit.

Donnerstag, November 22, 2007

Kurzhoerig



Deine Fragen lagen schwer auf meinen Ohren,
ich hielt den kurzen Atem an und wurde blau.
Zu Traum vergoren bohrten wir uns ineinander,
ein jeder schlief am andren Selbst sich frei.
Vorbei am taumelnden Gesauge leerer Zellen
schlug uns der Ablauf laue Fragen ins Gesicht.
Im Morgenschnellen mich ins Hohle zu verfliegen,
gelang mir nicht. Rumorverlustig fiel in Folge das,
was wir uns nicht besprochen hatten, in die Schatten.

Mittwoch, November 21, 2007

Salzgesetz



Um den durch die Erschöpfung der Salzbergwerke zu erwartenden gesundheitlichen Problemen entgegenzuwirken und den Volkskörper leistungsfähig zu erhalten, ergeht die Verordnung des salinen Ministeriums, dass ab sofort Blut, Schweiß und Tränen bei den staatlichen Sammelstellen abzuliefern sind.

Alt



Du merkst, dass du alt wirst, wenn der einzige, der dich noch duzt, der neue Ikeaprospekt ist.

Job description



Sie sind jung, ungebunden, begeisterungsfähig, loyal, Stressresistent und ein zuverlässiger Teamplayer. Sie verfügen über eine hervorragende Allgemeinbildung und sprechen mindestens zwei Fremdsprachen fließend, verfügen zudem über Grundkenntnisse der türkischen Sprache (können erworben werden). Sie haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium in den Fächern Metallurgie, Wirtschaft oder Sozialpädagogik, alternativ eine Ausbildung zum Polizeibeamten oder waren/sind selbstständige(r) Geschäftsmann/frau.
Es erwartet sie ein krisensicherer Arbeitsplatz in einem florierenden Segment. Ihre Aufstiegschancen sowie die Bezahlung (Grundgehalt plus Provision) sind überdurchschnittlich. Sie arbeiten in Gruppen, die Arbeitszeit ist flexibel, ihr Einsatzgebiet überregional.
Ihre Aufgabe besteht darin, dem "Gesetz zum Einzug von Wertstoffen aus den Bereichen Edelmetalle, Juwelen sowie Halbedelsteinen" zur Durchsetzung zu verhelfen. Wir bilden sie dafür in den neuesten Techniken des Abhörens, Beschattens und Aufspürens aus. Sie arbeiten mit den modernsten Metall- und Edelsteinsuchgeräten. Schusssichere Arbeitskleidung und Dienstwaffe werden gestellt.
Aussagekräftige Bewerbungen mit Lebenslauf, Lichtbild und Gehaltsvorstellung bitte an das "Ministerium zur Sicherung der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung", Abteilung Umverteilung.

Dienstag, November 20, 2007

Unterboden



Ich komme aus dem Land,
in dem das Böse einen Namen bekam,
damit man es verbieten konnte.
Mit einem Handbegriff haben wir Engeln
die Flügel ausgetrieben.
Auf den Hügeln wuchern Wachttürme
mit Ruinen um die Wette.
Uns blieben nur noch Stummel,
die Umrisse auszumalen
der Grenzen, die wir um uns zerrten.
Am Rande der Gründe
schelten wir die Mahner aus
der Gemeinschaft, die immer schon
Waffen zu Worten geschmiedet hat.

Bubo Bubo



Vor Sorge wird der Uhu krank,
der Winter naht und er ist blank.
Ihn quält seit Tagen leerer Magen
doch laut Gesetz darf er nicht jagen.
Denn Igel, Frischling, Kröterich,
stehn unter Schutz, die soll er nich.

Hat sich die Hacken abgeflogen,
wo ist der Aufschwung? Nur gelogen!
So muss er über Märkte wimmeln
und sein Gefieder dort verbimmeln.
Zum Monatsende glänzt er kahl,
das ist jetzt aber auch egal.

Sonntag, November 18, 2007

Bewirtschaftung



Der Eule auf dem kahlen Ast
erscheint es nicht geheuer,
wie Wirtschaft heute funktioniert.
Selbst Mäuse werden teuer.

Dem armen Tier ist schleierhaft,
was es global tangierte.
Ihm mangelt es am Sachverstand
wer es so abkassierte.

So tritt es in den Käuferstreik
und knurrt zu sehr der Magen
dann fährt es seine Krallen aus,
fliegt selber wieder jagen.

Donnerstag, November 15, 2007

In der Fabrik




Schwitzend stehen sie an den Geräten, legen Hebel um, prüfen Temperatur und Materialfluss, ziehen Schrauben nach, schauen auf Bildschirme. Ein betäubender Lärm erfüllt die Halle, alle Arbeiter tragen Ohrschützer, große, orangefarbene Aufsätze. Schutzbrillen, Hand- und Sicherheitsschuhe vervollständigen die Ausrüstung. Kommunikation erfolgt über Gesten, wichtige Meldungen per Email.
Für das körperliche Wohlergehen der Arbeiter ist vorbildlich gesorgt. Das Mittagessen in der Kantine ist kalorienarm, mit schonend gedämpftem Gemüse und auf den Punkt gekochten Sättigungsbeilagen. Dem seelischen Befinden wird durch Yogakurse und Wellness-Wochenenden Rechnung getragen. Die Teilnahme ist kostenfrei, aber verbindlich.
Wer hier arbeitet, hat sein Auskommen und freut sich über eine krisenfeste Anstellung. Es gibt noch so viel zu tun, ständig kommen neue Aufgaben hinzu: die Entwerter an den Geldvernichtungsmaschinen blicken hoffnungsvoll in die Zukunft.

Mittwoch, November 14, 2007

Grellgrau



Zieh deiner zarten Dichterseele
den dicken Winterpulli an.
In harten Zeiten, Kamerad,
bist du zu weich.
Das Reiche zerfällt,
und viele verkommen
auf dem Weg ins Zentrum
der Schieflage.
Bohr dein Willkommen
in dünne Bretter, Kamerad,
oder schreib es auf Pappe.
Es kommt ein anderes Wetter.

Für irgendwas gut




Auf der hohen Kante habe ich
dein Lächeln eingetauscht
gegen etwas nützliches.
Meine Gefühle wurden dir
direkt vom Herzen abgezogen.
Tageszinsen gab es nicht.

Oh, ihr glücklichen Kunden,
billig im Preis nur heute und hier
zu finden im Angebot,
solange der Vorrat reicht.
Zugeschlagen, ihr frohen Abnehmer,
bevorzugt seid ihr vom Geschick.
Reife Werte, Zinsfrei kreditiert.

Inmitten der Sparzone haben wir
uns lachend den Mund abgeknapst,
baten um jeweiliges Verständnis
für die Unannehmlichkeiten.

Und jetzt kommst du.

Montag, November 12, 2007

Desokzidentiert



Das Denken hat Korken,
es trübt den Geschmack
von brennenden Synapsen.
Fackeln lodern an Nervenenden
in den erreichten Zellen.
Erregungsübertragung garantiert.
Im Kontaktstellengebiet
wird Soma verteilt.
Wir schreien ins Reine,
wahre Wilde der Herzen,
geschmiedet im Strom,
in Wallung erhitzt:
wir sind der Welt
räudige Hunde.

Freitag, November 09, 2007

Belesen



Ich möchte mich an tausend Seiten ohne Sinn besaufen,
selbst wenn ich wieder mal die letzte Zeile laut verfluch.
Dann muss ich mir den nächsten Titel wohl im Laden kaufen,
ich kann nicht sterben mit ihm und nicht leben ohne Buch.

Ich giere drauf, dass durch die Sinne frisch die Silben kriechen,
direkt ins Zentrum meiner trifokalen Lesesucht.
Ich kann sie mit geschlossnen Augen auch im Dunklen riechen,
und werfe mich als Leser gern in folgenreiche Schlucht.

Feuersalamander



Als stur bekannt, von alters her, sind Feuersalamander.
Sie brennen nicht, egal wie sehr man reibt sie aneinander.

Mangelnde Inkompetenz



Immer auf der eigenen Vorhut,
der Asche verfallen im Nachzug,
Steine auf die Äcker getragen
und dort Schatten gepflanzt.
Du wolltest eine Lanze erbrechen,
der Freiheit verhelfen zur Pflicht
mit Schultern, breit genug für die Welt.
Du hast Gefühle in Stahl gezwungen,
Worte gehärtet im Scheiterhaufen
verprasster Gelegenheiten.
Jetzt lieferst du nur noch Tinte
für andere.

Schwester Nacht



Der Mond streut Lichter vor die Füße
und auf den Feldern dämmern Schafe.
Die Sternenhaufen funkeln Grüße,
es rüstet sich die Welt zum Schlafe.

Ein letztes Aufbegehren, noch
glimmt Schimmer wohlig mild
im Blick zurück. Doch Tagesmüh
besiegt sie sanft, die Nacht.
Entführt dich in ihr Reich,
zum Glück.

Ausfertigung



Als ich den Plan los ließ,
riss er an der Sollfalzstelle.
Quer durch das Feindbild
fehlte es an Übersichtlichkeit.
Der Zeit zu entkommen
konnte ich hier nicht wagen,
verfahren schien der Weg.
Nach vorne führte die Strasse
gerade aus dem laufen lassen.

Leerer Hut



Er stand seit Stunden an der gleichen Stelle. Nicht einmal eine Zigarette konnte er sich drehen im Nieselregen, der vor Tagen begonnen hatte. Kalt war ihm, die Kälte kroch langsam nach innen und er wusste, dass er nicht mehr lange aushalten konnte. Seine Blase machte ihm Sorgen, doch noch hielt er durch. Weggehen, den Platz aufgeben, kam nicht in Frage, auch wenn er keinen besonders günstigen Standort hatte, zu nah an der Strasse und dem brausenden Durchgangsverkehr.
Die guten Stellen unter den Bäumen waren belegt, die Konkurrenz schlief nicht, manche kamen schon in der Nacht, um die besten Plätze zu besetzen. Gestern hatte er vor dem Rathaus gestanden, in den eiskalten Fallwinden des neugotischen Turms, voll Hoffnung auf fröhliche Hochzeitsgesellschaften. Menschen mit gehobener Laune waren oft spendabler, aber gestern lief der Tag nicht gut. Eigentlich wie all die Tage zuvor. "Warum mache ich das"?, fragte er sich oft, "Warum gebe ich nicht auf und werde vernünftig? Noch ist es nicht zu spät, das Ruder herumzureißen, den Kurs festzulegen auf die eingefahrenen Routen, der Masse zu folgen".
Aber er fühlte, dass ihm das nicht gegeben war, mochte er noch so wollen. Seine Bestimmung lag darin, zu grübeln und zu träumen. Selbst wenn es ihm nichts einbrachte, würde er am nächsten Tag wieder auf dem Marktplatz oder in der Einkaufsstraße stehen, um unter den kritischen Blicken der Passanten lauthals seine Gedichte vorzutragen.

Freitag, November 02, 2007

Herbstlektüre



Meine Liebe bringt mir Blätter von der Strasse,
die leuchten in einem anderen gelb und rot.
Zu lesen darauf erstaunenswertes aus der Welt
der braunen Eicheln, der glänzenden Kastanien
und von den Träumen der Regenwürmer,
die das Lied der endlos grauen Wolke singen,
gespiegelt in der größten Pfütze der Welt.
Komm, meine Liebe, komm, stecken wir die Nasen
in Dinge, die uns etwas angehen. So viele Blätter,
die noch ungelesen sind.

Unbenannt



Wortreich ertragen, die Plagen der Sinne,
vorwärts getrieben von endlosem Durst.
Nichts ist geblieben als Rückkehr der Fragen,
Hanswurst, beschrieben von eigener Hand.

Kehre dem Spiel auf dem Markte den Rücken,
alles kann glücken und alles vergehn.
Antwort in Büchern der Sagen zu finden
bleibt dir verboten durch deinen Verstand.

Treiben



Wir sollten mal wieder,
das macht man doch so.
Wir haben einst oft,
und waren dann froh.
Es soll auch gesund sein,
vor Freude leicht nass.
Jetzt lass es uns tun,
denn Baden macht Spass.

Ort der Unterwerfung (Büttenrede)



Mit Kölschem Zungenschlag zu lesen

Man will wohl in Köln-Ehrenfeld
ein Denkmal bauen, das gefällt
nicht jedem da. Und wie man sieht,
ist das, was vielerorts geschieht,
nicht so nach des Volkes Wille.
Multikulti heisst die Brille,
auf die man setzt und dann erklärt:
fliegend untern Teppich gekehrt.

Zwei Minaretts tun keinem weh,
wir pflanzen noch ne Grossmoschee.
Einen Garten voller Trauben,
der Kalif lässt euch dran glauben.
Beim Fastelavond wird es wahr,
die Domstadt singt Allah akbar?
Tünnes und Schäl warn auch schon da,
mit Werbung für die Scharia.

Dies hat dem Prophet nichts genützt:
unter dem Schleier wird gebützt.
Weiter tönts beim Karneval:
Kölle alaaf! Ncht Kölle helal!

Zukunftslos



Pastor in der Priester-Robe
macht schon früh die Riester-Probe.
Kann er sich, in späten Jahren,
auf dem Feld das jäten sparen?
Das Ergebnis: Schauer-denken,
kann ihm keine Dauer schenken.
Führt der Rente breite Lücke
hin zur arme-Leite Brücke.

Freitag, Oktober 26, 2007

Die Utopie ist die Vorstellung der Vision



Fang an zu träumen, flüstern die Mauern,
über der Stadt schwebt ein Werteballon.
Denk an dein Konto , kauf dir Vertrauen,
bleib in Ruinen, gemacht aus Karton.

Hör auf zu wünschen, schreit das Begleitgrün,
über der Stadt brennnt die Luft lichterloh.
In dieser Schlacht gewinnen die Spinner,
denk dir ein Haus aus und lebe dort froh.

Donnerstag, Oktober 25, 2007

Opa



Bitte, schiebe die Wolken weg,
ich sehe die Sonne nicht mehr.
Die Wiese, auf der wir spielten,
der Platz auf der Bank ist leer.

Ich werde nie vergessen,
wie fröhlich wir zusammen waren.
Ich wurde größer und älter,
und du wurdest jünger an Jahren.

Dann bist du plötzlich
für immer gegangen.
Ich habe dein Bild
in mir aufgehangen.

Nun scheinst du mir nachts,
als hellster der Sterne.
Ich träume von dir
und du hast mich gerne.

Nimrods




Wir schlichen durch das Unterholz,
ständig auf Jagd und der Hut.
Kein Knacken verriet uns,
was waren wir stolz,
pirschend durch das Unterholz,
wuchs uns beständig der Mut.

Da, eine Fährte, wir sahen genau,
wo das Wild durch die Büsche gebrochen.
Ein Zweig war entzwei und Spuren im Gras
wir krochen weiter, aus Angst wurde Spaß,
der Himmel ward grauer
und die Schuh wurden nass.

Und die Beute nicht fern mehr,
wir hörten ihr Schnauben,
wir konnten fast nicht fassen das Glück.
Es kamen berühmte Jäger von weither,
doch keiner bekam vor die Flinte das Stück:
Ein drei Meter großer Gummibär!
Wir schossen ihn tot, er schmeckte uns sehr.

Die Reste vergruben wir in Dosen,
zu Haus gab es Stress wegen dreckiger Hosen.

Dienstag, Oktober 23, 2007

Stammtisch




Umfangreiche Sachverhalte auf größten allgemeinen Zähler
biegen und brechen wir mit den Doktrinen von denen
nennen wir die Namen in aller Deutlichkeit und klar
sieht man doch, wo es nicht rund läuft wird es beigefeilt
bis auch der letzte versteht, was zu unterlassen wir
könnten das auch ganz anders handhaben wenn wir
nur wollten sollten wir mal so richtig auf den Tisch
gehört das, damit jeder Bescheid wissen die doch gar nicht
wichtig nehmen sollten die uns schon weil wir bald was tun.

Wunder der Welt



Natürlich könnt ich von Bienchen singen
von prächtigen Blümchen am Wegesrand,
wie Hörnchen munter die Eichen bespringen,
dass regnend die schönsten Bögen gelingen
und wie ein Herz zum andern sich fand.

Nüchtern betrachtet bleibt nichts bestehen,
mag man sich winden und drehen wie toll.
Auch kleinere Welten müssen vergehen,
alles, was neu ist, wird einmal oll.

Natürlich könnte ich Schönheit beschreiben,
die Macht des Moments entstehen lassen,
auf Sonnenwinden ätherisches treiben,
in Herbstlaubprächtigen Wäldern bleiben,
metaphernmächtiges Erbe verprassen.

Nüchtern betrachtet scheint alles banal,
letztendlich dreht es sich nur um Worte.
Wer diese spricht oder hört, ist egal -
das nagele ich an deine Pforte.

Montag, Oktober 22, 2007

Gesichtsinterpretation




Die dunklen Furchen, die gekerbten Linien
sind wohl die Frucht von sehr viel Hier und
Jetzt die Lichtgetrübten Linsen leuchten
wie eine Zukunft ohne Hand und Ziel.

Das Spiel begann mit blanker Miene,
der Einsatz stieg an jedem Tag ins Jahr
das da war, die Gewinne auszuloten
die sich verloren im Verlust der Ironie.
Und niemals war man so verlassen, als
man sich fühlte, wenn man neu begann.

Verblassend an den Rändern sind die Schatten,
grob zeigen sich die Kanten der Kontur,
so viele Bilder haben Anteil am Entstehen.
Es zeichnet sich das Leben einmal nur.

Ausbreitung



Ich hasse es, wenn Kinder
dem Müll im Eimer lauschen,
der von ihren Eltern befüllt wird
und diese dann, hochzufrieden damit,
aufgestört worden zu sein sowie sich
der Tatsache bewusst, dass sie
niemals dazu gehören werden,
uninteressiert eine Weile
ausruhen im Eisfach.

[Pro]duktion




Du hast nach Luft geschnappt,
nach Pröbchen
aus der Sauerstofffabrik.
Ich war dein Lieferant.
Als ich schon brannte,
bist du einkaufen gegangen.
Das Öl war alle.
Du warst gestrandet
und ich
habe Sand gekarrt
an deine Ufer.
Und als ich ertrank
bist du zum Brunnen gerannt,
mehr Wasser zu holen.
Da wurden wir blind
und haben den Strom
abgestellt.

Positive Gefühlsbilanz



Wir verheizten uns
lokale Erwärmung,
nachhaltig schmolzen wir
über die Deiche.
Verhandelten Emissionen
für die Protokolle,
die wir uns ausstellen
werden in Zukunft.
Ein Schritt für Schritt
in jede Richtung.

Vogelsang to go



Ein wunderbares Wetterbild
hat sich in den Tag gemalt.
Erstrahlt sich Eisblau,
Spinnwebmild.
Wir ernten letzten Duft.
Man häufe Vorrat aus
Gedachtem an,
der reichen muss.

Schon ziehen graue Riegel
von Beton in die Luft
vor dem Haus.