Samstag, November 26, 2005

Mutantenmuenze 1 (Text Rydiger)


Er hatte sie. Und da er wusste,zu was sie in der Lage ist, wickelte er sie in Aluminiumfolie und steckte das Tütchen noch in einen Gefrierbeutel. So geschützt transportierte er sie, tief in seiner Jackettinnentasche verborgen. Ein Monster von Münze, eine Bombe.

Sicher, es war nicht einfach, an sie zu gelangen. Mutantenmünzen sind schwer zu kriegen, und dann noch so ein Prachtexemplar. Aber die jahrelange Jagderfahrung half ihm. Er wusste, wann man unschuldiges Geld opfern muss, um sie zu locken. Und noch viel wichtiger – wo man es deponiert. Seine Fallen hatte er in der ganzen Stadt ausgelegt. Einige funktionierten prächtig, brachten aber immer nur Massenware an Killermünzen. Trottelige Dinger, die sich von Zeit zu Zeit selber umbringen oder sich gegenseitig zerspanen. Die gerisseneren, wirklich gefährlichen fängt man nur in der Dunkelheit. Er hatte lange darüber nachgedacht, bis ihm die zündende Idee kam: im Abwasserkanal. An einer möglichst trockenen Stelle. Nach einigen Tagen unter der Erde fand er den optimalen Platz. Und Opfer über Opfer. Krummes, verbogenes, bis zur Unkenntlichkeit deformiertes Metall. Einstmals brave Münzen, heute kaum mehr das Material wert, aus dem sie entstanden waren. Ja, dies war der richtige Platz.

Das dumme an den gefährlichen Killermünzen ist, dass sie gefährlich sind. Und schlau. Nachdem er nun den richtigen Platz hatte, stand er vor dem nächsten, nicht minder großen Problem: wie fange ich so ein Biest? Nun, mit Speck fängt man Mäuse, mit Honig lockt man Bären und mit Kleingeld lockt man Monster. Die Maus kommt in einen Käfig – fertig. Der Bär wird geschossen – auch fertig. Aber die Münze? Aus Erfahrung wusste er, dass sie Hitze hassen wie der Teufel das Weihwasser. Also installierte er akkubetriebene Infrarotstrahler. Rund um seinen friedlichen Münzhaufen. Gesteuert von einem Bewegungsmelder, der gleichzeitig eine SMS an sein Mobiltelefon senden würde, würden die Strahler anspringen und augenblicklich wohlige Wärme verbreiten.

Und es funktionierte. Nach zwei Wochen kam die ersehnte SMS: KILLER AN BORD. Der Rest war so einfach wie Blumen pflücken. Rein in den Kanal, einen Kilometer gebückt laufen und die erstarrte Killermünze einpacken. Sie vibrierte zwar, als ob sie unter Strom stünde, war aber wegen der Hitze außerstande, irgendetwas von ihrer aufgestauten Wut an die Außenwelt abzugeben.

Nun ist sie sicher verpackt und von der Außenwelt abgeschnitten. Eine Schläfermünze in Lauerstellung. Brandgefährlich. Und ein Vermögen wert. Jetzt konnte er endlich mit der Verwirklichung seines Planes beginnen. Die Jahre des Wartens hatten ein Ende.


Fortsetzung folgt

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